Warum ich trotzdem Rosenkranz bete

Heute hat mir ein lieber Freund einen selbstgeknüpften Rosenkranz geschenkt – Maßanfertigung im Fullservice sozusagen (er hat ihn auch gleich segnen lassen). Ich habe mich total gefreut und freue mich immer noch.

Nun bin ich in Punkto Marienverehrung eher deutlich zurückhaltend. Ich kann auch nicht behaupten, dass mir das in meiner Zeit in den Freikirchen irgendwie gefehlt hätte. Die meisten Marienlieder sind mir definitiv zu süßlich und manche singe ich erst gar nicht mit. So habe ich sehr lange gebraucht, dazu auch nur ansatzweise einen Zugang zu finden. Und trotzdem bete ich Rosenkranz – wenn auch nicht so häufig, wie ich vielleicht sollte.

Zum ersten Mal dazu herausgefordert wurde ich indirekt durch eine Priesterbruderschaft und deren damals neu gegründete Konfraternität. Gerne hätte ich mich angeschlossen, aber das hätte bedeutet, täglich ein Gesätz des Rosenkranzes für diese Priester zu beten. Mist! Das konnte ich mir wirklich nicht vorstellen. Andererseits gab und gibt es viele Freunde, – Leute, die ich hoch achte – denen das Rosenkranzgebet wichtig und wesentlich ist.

Und dann habe ich mich damit beschäftigt und schließlich zaghaft begonnen. Nach und nach habe ich dann selbst festgestellt, dass es in erster Linie um Christus geht, um das Betrachten christlicher Wahrheiten. Der Rhythmus der wiederholten Gebete bildet dazu gleichsam den Grundton und die Worte helfen mir, die Gedanken wieder zurückzuholen, wenn sie „wandern gehen“. Wenn mir das freie Beten schwer fällt, wenn sich Wortlosigkeit breitzumachen droht, dann habe ich den Rosenkranz als eine Möglichkeit erlebt, einfach Zeit im Gebet vor Gott zu verbringen. Einfach da sein und nicht selbst etwas produzieren müssen, selbst wenn es „nur“ fromme Gedanken und fromme Formulierungen wären – eine Hilfe zu beten, auch wenn ich mich nicht danach fühle.

Und darum bete ich eben auch den Rosenkranz!

Neue Wege

Neues Jahr, neue Herausforderungen, (neuer Blog,) Unbekanntes – eine gute Zeit, neu Position zu beziehen und das eigene Leben zu überprüfen. Vor zwei Jahren habe ich einmal das neue Jahr mit Exerzitien begonnen, weit entfernt von meinem üblichen Umfeld.

Auf der Rückfahrt hat mich dann mein Navigationsgerät (wie eigentlich relativ häufig) nicht wieder auf derselben Strecke zurückgeführt, die es auf der Hinfahrt errechnet hatte. Irgendwie passend für diesen Tag – den 6. Januar

„Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurück zu kehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.“ (Matthäus 2, 10 – 12)

Kann man nach einer Begegnung mit Christus eigentlich auf den altbekannten Wegen bleiben? Die Könige (oder Weisen, Magier) haben den neugeborenen König gefunden, ihn angebetet und ihm ihre Geschenke gebracht. Sie hatten diese lebensverändernde Begegnung.

„Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.“

Die Nachhaltigkeit solcher Tage und dieser Begegnung zeigt sich unter anderem auch an den neuen Wegen, die beschritten werden. Sie zeigt sich im Alttag, im Gebetsleben, in der Treue, im Umgang mit den Mitmenschen und im Vertrauen auf die Führung Gottes. Sie zeigt sich darin, ob ich mich davon verändern lasse, gerade im Alltag – mit oder ohne Gefühle.

„Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurück zu kehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.“

Das ist mein Wunsch auch für das neue Jahr 2011 und darüber hinaus: Auf einem anderen Weg zurück zu kehren.

Mein „Dreikönigs-Navi“ wird mich wohl hin und wieder an diese Lektion erinnern.

„Der Geist der Straßenverkehrsordnung“

… ein Gleichnis

1965 ging die drei Jahre andauernde 2. Allgemeine Beratung zur Revision der Straßenverkehrsordnung zuende. Neue Entwicklungen in der Technik, neue Möglichkeiten und Gefahren sowie ein verändertes Fahrverhalten hatten Anpassungen und Klarstellungen nötig werden lassen. Die schließlich verabschiedete Fassung der Straßenverkehrsordnung wurde jedoch unterschiedlich interpretiert und rezipiert.

Einige Straßenverkehrsteilnehmer haben sich mit „Liberalisierungen“ nicht abfinden können. Es sei ein Angriff auf die gute bewährte Ordnung, wenn man die Einbahnstraßen aufgebe und stattdessen auf manchen Straßen Bewegung in beiden Richtungen erlaube. Außerdem seien Kreuzungen mit gleichberechtigten Straßen die Vorboten der Anarchie im Straßenverkehr. Es müsse zwingend überall klare Vorfahrtsstraßen geben. Bereits die Einrichtungen von Ampeln, die mal der einen Straße, mal der anderen den Vorzug gäben, seien ein völlig falsches Signal. Mehrspurige Straßen, die ein Nebeneinander unterschiedlicher Geschwindigkeiten in der gleichen Richtung ermöglichen und ein heraufgesetztes Tempolimit führten nach Ansicht dieser Skeptiker zu Verwirrung und Eigensinn im Fahrverhalten. So könne das alles kein gutes Ende nehmen.

Der explizite Hinweis darauf, dass im Straßenverkehr „gegenseitige Rücksicht“ die Grundhaltung sein müsse führt eine weitere Gruppe dazu, sich eher dem „Geist der Straßenverkehrsordnung“ verpflichtet zu wissen als ihren tatsächlich niedergeschriebenen Regelungen. „Eigentlich wollte man ja noch viel weiter gehen, aber das war zu der Zeit einfach noch nicht möglich. Die Öffnung hat begonnen, und wir müssen alles dafür tun, dass es in dieser Richtung weiter geht.“ Unter diesem Motto setzt man sich ein für die Abschaffung dieser hierarchischen Einrichtung namens Vorfahrtstraßen: „Warum sollen nicht alle Straßen gleichberechtigt sein? Und warum dann eigentlich nicht viel lieber „Links vor Rechts“? Okay, an manchen Straßen stehen Vorfahrtsschilder, aber das sind ja nur Relikte aus einer anderen Zeit. Wer dort einfach fährt in der Meinung Vorfahrt zu haben ist selbst schuld am Unfall. Schließlich hätte er wissen müssen, dass man das hier anders handhabt.“

Verbotsschilder werden als unzulässige Gängelung und Eingriff in die Freiheit empfunden. So wird vorgeschlagen, diese doch wenigstens weniger streng aussehen zu lassen bzw. sie in unverbindliche Empfehlungen umzuwandeln. Es sei heute ja niemandem mehr zuzumuten, sich über Gefahren Gedanken zu machen. Die „gegenseitige Rücksichtnahme“ sei nicht zu vereinbaren mit klaren Verboten.

Man kümmert sich selbstverständlich auch um diejenigen, die aus den unterschiedlichsten Gründen im Straßengraben gelandet sind. Straßenfeste seien ein geeignetes Angebot, diesen Leuten wenigstens das Gefühl zu geben, einen Platz unter den Straßenverkehrsteilnehmern zu haben. Es sei Ihnen unter dem Motto der „gegenseitigen Rücksichtnahme“ jedoch nicht zuzumuten, eine Fahrschule zu besuchen oder sich die Regeln im Straßenverkehr wieder (neu) anzueignen.

Und schließlich gäbe es ja andernorts auch noch andere Regeln im Straßenverkehr, die ja nicht automatisch schlechter sein müssten. Wie käme man dazu, ausgerechnet auf die Einhaltung der hier gültigen Regeln zu pochen? Gruppen wie „Wir sind der Straßenverkehr“ oder „Straßenverkehrsregeln von unten“ reklamieren für sich, den „Geist der Straßenverkehrsordnung“ umzusetzen – das, was die Verfasser eigentlich gewollt hätten (sollen), wenn sie nicht in ihrer traditionellen Denkweise gefangen gewesen wären.

Der „Geist des Konzils“ verhält sich zu den Texten des Konzils in etwa so, wie mein Fahrstil zur Straßenverkehrsordnung.

Leuchten

Foto H. LeisingerMeinen Urlaub verbringe ich hin und wieder in einem Franziskanerkloster. Dabei übernehme ich einige kleine Aufgaben, z.B. auch nach den kleinen Kerzen zu sehen, die Menschen dort aufstellen können.

Hin und wieder habe ich also nachgesehen, ob der Kerzenvorrat noch ausreicht und habe die ausgebrannten Behälter entfernt. Diese sollten später sortiert werden, welche noch brauchbar sind und welche nicht mehr.

Meine Gedanken gingen dabei ein wenig spazieren: Die Behälter selbst können nicht leuchten. Ohne die Wachskerze verliert der Behälter seine Bedeutung. Es wäre aber ein Trugschluss zu denken, dass man auf diese leeren Behälter einfach verzichten könnte.

Natürlich ist das Wichtige die leuchtende Kerze, nicht der Behälter. Die Konsequenz ist, dass manche denken, man sollte dann einfach nur die Kerze hinstellen, ohne den unnötigen Behälter. Doch was passiert dann? Die Kerze ohne den schützenden Behälter wird entweder vom ersten Windstoß ausgeblasen oder sie brennt völlig deformiert ab, weil das flüssige Wachs sofort wegfließt.

Manchmal gehen wir mit unseren Traditionen so um. Zu schnell wird sich bestehender Traditionen entledigt, obwohl sie neu mit Inhalt gefüllt werden könnten. Zu schnell wird gesagt: Wenn die Beziehung zu Jesus gut ist, dann ist der Rest nicht mehr wichtig oder überflüssig. Doch beim nächsten Gegenwind kann es sein, dass das Feuer erlischt, oder das Glaubensleben wird seltsam einseitig, weil das formende Element fehlt.

Vielleicht ist nicht jede Tradition noch brauchbar, nicht alles muss und kann unbedingt aufrecht erhalten werden. Doch es ist nicht ungefährlich, bestehende Formen einfach aufzugeben ohne sie durch neue zu ersetzen. Diese Formen können Halt geben bei Gegenwind und Zweifel, sie bewahren vor allzu großer Einseitigkeit.

Jesus sagt: „Darum gleicht jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt.“ (Matthäus 13, 52)

Neues und Altes hat seine Berechtigung und seine Notwendigkeit. Für mich selbst wünsche ich mir, dass ich diesen Reichtum immer mehr entdecke und mein Leben dadurch bereichern, vertiefen und stützen lasse.