Herausforderung Gemeinschaft

Pater Ulrich schreibt auf seinem Blog über seinen Fastenvorsatz „Sich der Gemeinschaft nicht entziehen“. Als Benediktiner bezieht er sich dabei – wenig überraschend – auf die Benediktsregel zum Thema Fastenzeit.

Nun bin ich kein Benediktiner, aber ich habe mich trotzdem ertappt gefühlt. Ausgerechnet jetzt, wo mir gerade danach ist, mich an einigen Stellen ein bisschen rauszuziehen! Ich kenne den Drang nur allzu gut, sich zurückziehen zu wollen und dem eigenen Rhythmus oder auch einfach dem eignen Gusto den Vorrang geben zu wollen – und damit die Reibungspunkte einfach zu vermeiden.

Leider kann ich mich nicht einmal damit herausreden, dass ich mich ja nicht an die Benediktsregel halten muss. Dasselbe findet sich nämlich auch in der Bibel, deren Relevanz für mich als Christen ich wohl kaum in Abrede stellen kann:

„… und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht.“ (Hebr. 10, 24-25)

 

Na, herzlichen Dank für diese Herausforderung am Beginn der Fastenzeit, lieber Pater! 😉

Man muss auch mal auf ein Opfer verzichten können

WordcloudWenn ich mich im näheren und weiteren Umfeld umhöre, ist die Fastenzeit tatsächlich ein Thema, gerade auch unter weniger gläubigen Menschen. Aber spätestens, wenn man auf die Unterbrechung des Fastens an den Sonntagen der Fastenzeit zu sprechen kommt, zeigen sich die Akzentverschiebungen. „Wenn ich sonntags mit meinen Vorsätzen aussetze, dann etabliere ich nie neue Verhaltensweisen“ heißt es. Wenn es um die eigenen Vorsätze geht, verstehen Viele keinen Spaß. Mir scheint, die ersten Dinge, worauf bei solchen Fastenolympiaden verzichtet wird, sind Humor und Gelassenheit.

„Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ (Matthäusevangelium 6, 16-18)

Nicht umsonst gibt es Empfehlungen, nicht andere unter den eigenen Vorsätzen leiden zu lassen. Wer auf Reisen ist oder zu Gast, ist davon entbunden. In einem Klima, das Fasten hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit, der Ökologie und/oder der Selbstoptimierung akzeptiert bzw. sogar fördert, ist der Verzicht auf die eigenen Wünsche und Vorsätze um der Gemeinschaft willen eine unverständliche Schwäche.

Die Kirche ist im Hinblick auf das Fasten weitaus barmherziger und realitätsnaher als die moderne Gesundheitsreligion. Und die Kirche ist auch „ganzheitlicher“. Es gehört nämlich nicht nur der Verzicht dazu, sondern auch das Gebet und die Barmherzigkeit:

„Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll. Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat? Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.“ (Jesaja 58, 4-8)

Und was heißt das jetzt für mich – meine Fastenzeit – persönlich?

  • Es gibt Wichtigeres als das, was ich mir vorgenommen habe
  • Wenn’s nicht geht, geht’s halt nicht
  • Ich mache nicht mit beim Vergleichen von Vorsätzen
  • Ich muss hin und wieder auch mal auf die Umsetzung meiner eigenen Vorstellungen verzichten, wenn es mein Umfeld belasten würde

Kurz gesagt: Ich pflege das ‚Rheinische Fasten‘:
„Man muss auch mal auf ein Opfer verzichten können“

Gelassenheit


Die Idee, dennoch zu dem Thema zu schreiben kommt vom Blog „Durchgedacht“, auf dem zur Blogparade Die Fastenzeit, die plurale Gesellschaft und ich  aufgerufen wurde. Ich fände es schön, wenn auch andere Blogger sich beteiligen würden.


Fastenzeit light

Laut Stundenbuch-App (vom Aschermittwoch) wäre die Fastenzeit also JETZT vorbei. 😉

IMG_0827

Der Papst betet offensichtlich ebenfalls per App, denn „Wegen guten Wetters – Papst erklärt Fastenzeit vorzeitig für beendet“ 😀

Vom Umgang mit „Sperrigem“ – Thema Beichtgelegenheit

Am Gründonnerstag muss ich – wegen der Fußwaschung – immer auch an das Thema Beichte denken. Auch wenn es keine so ganz übliche Verbindung ist, so hat für mich die Fußwaschung und das, was Jesus dazu sagt, eine ganz enge Verbindung zur Beichte.

„Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein.“ (Johannesevangelium 13, 10)

Um dieses – sperrige – Sakrament und das dazugehörende sperrige Kirchenmöbel ging es auch in einem Artikel aus der Kölner Kirchenzeitung vom 15.04.2011. Der komplette Artikel ist bis Ende April noch in der PDF-Ausgabe auf Seite 45 zu lesen:

„Sakramentales Handeln – als Vermächtnis des Wanderpredigers Jesu – ist nicht an einen Ort oder etwa an eine Kirchenarchitektur gebunden. Diese kann unter Umständen mit ihrer Raumproportion und Lichtdramaturgie der körperlichen und seelischen Erfahrung der gefeierten Inhalte dienen. Dem hilft auch die Ausstattung – seien es Bilder, Ausschmückung oder – was im Folgenden näher betrachtet werden soll – der Beichtort.“

Von dieser Prämisse ausgehend folgt eine Schilderung der „Beichtorte“ früherer Zeiten – jeweils mit Deutung – bis der Autor dann zur heutigen Beichtpraxis kommt. Letztere allerdings sehr reduziert auf das Beichtgespräch und die dazugehörenden Beichtzimmer:

„Nur belegen die Erfahrungen mit in der Folge eingerichteten „Gesprächsräumen“, dass diese für die Mehrheit der Pönitenten offenbar auch nicht die passende Lösung sind: sie bleiben diesem Angebot einfach fern.“

Ich kann mich ja des Gefühls nicht erwehren, dass hier von den äußeren Gegebenheiten der Haupteinfluss auf die Beichtpraxis erwartet wird. Die Architektur, die Räume als psychologischer Kniff, der zum gewünschten Ergebnis führen soll. Mich würde doch sehr wundern, wenn die „Beichtzimmer“ Schuld daran wären, dass die Beichte aus der Mode gekommen ist. Fehlt uns also einfach nur der heute adäquate „Beichtort“? Und dann wissen die Katholiken plötzlich wieder etwas anzufangen mit Schuld, Vegebung, Verantwortung und Reue? Ich habe meine Zweifel!

Mit Recht richtet sich der Autor gegen Zweckentfremdung und „Profanierung“ der Beichtstühle z.B. durch Nutzung als Abstellkammer. An der Sinnhaftigkeit des folgenden Vorschlags habe ich allerdings auch meine Zweifel:

„Vielleicht können mit einer Rückbesinnung auf Ursprung und Heilsabsicht dieses Sakramentes Wege zur Erprobung neuer Formen alter Traditionen beschritten werden: Zwischen Aschermittwoch – dem Tag der Reue – und Gründonnerstag – in der Zeit der Buße und am Tag der Wiederaufnahme der Sünder in die Gemeinschaft der Gemeinde – sollte der Ort der Beichte eine besondere Herausstellung und Würdigung erfahren. Dies könnte deutlich unterschieden werden von der übrigen Zeit im Kirchenjahr, in der der Beichtstuhl möglicherweise verhüllt sein könnte.“

Ähm… Und wo beichtet man dann im restlichen Jahr? Oder soll das vermitteln „So, das war’s mit der Pflichterfüllung für dieses Jahr – das Thema kann man jetzt getrost bis zur nächsten Fastenzeit abhaken“? Na, das wird ganz sicher (nicht!) dazu beitragen, dass die Beichte wieder als selbstverständlicher Teil des praktizierten Glaubens etabliert wird!

Was bin ich froh, dass die Beichte

  1. an vielen verschiedenen Orten möglich ist: im Beichtstuhl, im Gesprächszimmer, in der Kirchenbank, in einem Wohn- oder Sprechzimmer, unterwegs auf einem Spaziergang oder einer Wallfahrt …,
  2. bei Vielen nicht aus der Übung gekommen ist und auch nicht reduziert auf die kurzen Perioden direkt vor den großen Feiertagen,
  3. immer noch in einigen Kirchen als regelmäßiges, sogar tägliches Angebot besteht und vor allem
  4. die bleibende Einladung Gottes ist – auch an mich – ihm wieder neu zu begegnen und Heilung zu finden!

Rhythmus und Zeiten

Zur „Meditation in der Fastenzeit“, die ich in der letzten Woche an meinem Arbeitsplatz zu halten hatte, habe ich mir Gedanken zum Thema Zeit gemacht:

◊◊◊◊◊

Zeit ist kostbar. Das Leben früherer Zeiten war stark vom Rhythmus der Natur geprägt. Obst oder Gemüse hatte seine Saison und war nicht zu jeder Zeit zu bekommen. Die Notwendigkeiten von Saat und Ernte und die Versorgung des Viehs bestimmten den Tagesablauf. Der Mensch lebte im Rhythmus des Tages, der Woche des Jahres und auch des Kirchenjahres. Es gab „geschlossene Zeiten“ wie die Fastenzeit und den Advent, in denen auf Feierlichkeiten, z. B. Hochzeiten verzichtet wurde. Sie blieben ausgespart – reserviert für die Besinnung.

Selbst die (Fern-)Kommunikation hatte einmal einen ganz anderen Stellenwert und Preis. Sie fand statt über Telefon oder Brief. Es gab Zeiten, in denen man noch damit rechnen musste, dass ein Brief einige Tage dauert oder ein Telefonat seinen Preis hatte.

Heute ist der Anspruch, immer alles sofort zu bekommen. Jedes Produkt, Obst, Gemüse kann man zu jeder Zeit bekommen (und wehe, man kann wegen Feiertagen mal 2-3 Tage nichts einkaufen!). Die Diskussion um die Ladenöffnungszeiten sprechen eine ähnliche Sprache – am liebsten rund um die Uhr, auch sonn- und feiertags.

An Informationen kann man auf Knopfdruck via Google, Wikipedia etc. gelangen – aber bitte nur das Benötigte, keine Hintergründe oder alternative Sichtweisen. Handy-Flatrate, Internet-Flatrate – jeder ist immer erreichbar, alles kann/muss sofort mitgeteilt werden (man braucht nur mal Straßenbahn fahren. Da erlebt man hautnah die Kommunikation der Mitmenschen, ob man will oder nicht).

Die Gefahr besteht, dass Wichtiges aufgeschoben wird, man kann es ja immer noch tun:

Wenn …

  • diese Arbeit erledigt ist,
  • der Berg abgearbeitet ist,
  • ich diese Stellung, dieses Ansehen, dieses Auto habe,
  • ich Urlaub habe,
  • ich in Rente bin,
  • ich dies oder das erreicht habe,
  • ich mir dieses oder jenes leisten kann,
  • die Kinder älter sind,
  • ich diesen oder jenen nicht mehr sehen muss,
  • die Umstände anders sind,

dann …

  • werde ich mir Zeit zum Gebet nehmen.
  • werde ich mir mehr Stille gönnen
  • werde ich Ruhe haben
  • werde ich Frieden finden
  • werde ich diesen oder jenen besuchen
  • werde ich Freundschaften knüpfen und pflegen
  • werde ich mich für andere einsetzen
  • werde ich mein Hobby wieder pflegen
  • werde ich die Natur genießen können
  • beginne ich zu leben

DU NARR!

Lukas 12, 19 – 20a: „Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens. Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! …“

Fastenzeit – ein Anachronismus?

Sie ist Herausforderung zum Maßhalten, sich Bescheiden, hineinfinden in den Rhythmus Gottes. Sie ist Herausforderung zur Genügsamkeit, zur Stille und zur Wahrhaftigkeit, wenn ich mir selbst begegne.

Tiefe braucht Zeit.

„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:

geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit;
pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;

töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;
abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;

weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit;
klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;

Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit;
herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;

suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit;
behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;

zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;

lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit;
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.

Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.

Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ (Prediger 3, 1-11)

„Weil er an mir hängt…“

„Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: «Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.»

Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben. Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist dir seine Treue.“ (Psalm 91, 1-4)

Das sind unerwartet tröstliche Worte, vor allem am Beginn der Fastenzeit. Gehört habe ich sie in der Messe des ersten Fastensonntags in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus.

In den Texten und Gebeten dieser Messe kommen immer wieder – neben Themen des Verzichts und des Opfers – Teile dieses Psalms vor. Es ist schön, am Anfang der Fastenzeit daran erinnert zu werden, unter welchem Vorzeichen diese Zeit steht: Nicht so sehr mit dem Focus auf eigene Leistung, sondern mit der deutlichen Erinnerung an die Fürsorge, die Liebe und den Schutz unseres Gottes.

„Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt; du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen.

«Weil er an mir hängt, will ich ihn retten; ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen. Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not, befreie ihn und bringe ihn zu Ehren. Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn schauen mein Heil.»“ (Psalm 91, 11-16)

„Weil er an mir hängt, will ich ihn retten…“ Wieder eher die Erinnerung an die Beziehung, als an die Leistung. In Zeiten, in denen mir mein eigener Glaube besonders trocken erscheint, habe ich mich oft an dieses Wort erinnert und mich meinerseits daran festgehalten. Wenn ich der Meinung war, hinter den Ansprüchen zurück zu bleiben (wer auch immer diese an mich gestellt haben mag), dann hat mir dieses Wort zu neuem Vertrauen geholfen. Wie schön, dass es gerade am Anfang dieser herausfordernden Periode „Fastenzeit“ wieder auftaucht.

In diesem Sinne wünsche ich allen eine gute Fastenzeit im Bewusstsein, von Gott selbst gehalten zu sein.