Gelassenheit

GelassenheitIm ‘Garten der Religionen‘ in Köln gibt es fünf Begriffe, die den fünf Weltreligionen zugeordnet sind. Hier habe ich bereits über die anderen vier geschrieben. Diese Begriffe sollen nicht exklusiv für die jeweilige Religion verstanden werden. Ich denke hier im Zusammenhang mit dem Christentum darüber nach.

‚Gelassenheit‘ ist nun der letzte Begriff, den ich noch aufgreifen möchte. Vielleicht, weil es mir häufig an der Gelassenheit mangelt, oder weil selten explizit davon in der Bibel oder im christlichen Kontext zu hören ist. Sie ist auch nicht so einfach zu greifen – Gründet sie in der Gleichgültigkeit? Im Fatalismus? Oder im Vertrauen? Letzteres setzt eine personale Beziehung voraus.

Als Christen gründet unsere Gelassenheit im Vertrauen auf die gute Führung Gottes. Uns ist zugesagt, dass uns alle Dinge zum Besten gereichen – auch die Schweren. Passend dazu die heutige Herrnhuter Losung: „Herr, wessen soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich.“ (Psalm 39,8)

Gebet um Gelassenheit:

Gelassenheits_gebet_QR_codeGott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut,
Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.

 

Never change a running system

Noch ein Computer-Vergleich aus der Reihe der älteren Texte (ca. 2003):

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computerVor kurzem habe ich im Büro einen neuen Computer bekommen. Klasse, dachte ich mir, jetzt kann ich endlich richtig loslegen. Doch erst einmal müssen natürlich die entsprechenden Programme installiert werden. Und schon gehen die Probleme los. Das andere Betriebssystem reagiert anders als gewohnt. Manche Dinge laufen überhaupt nicht. Wäre ich doch bloß beim alten – wenn auch reichlich langsamen – Gerät geblieben! Da lief wenigstens alles so wie ich es wollte! Ich hatte ihn mir richtig gut eingerichtet, so dass ich an alles, was ich brauchte bequem ‚rankam. Nun musste ich fast wieder von vorne anfangen und auf manch liebgewordenes Programm verzichten. „Never change a running system“ („Verändere nie ein System, das funktioniert“) das kam mir dabei in den Sinn. Mein System lief, wenn auch nicht immer störungsfrei. Jetzt musste ich mich wieder umstellen, ja sogar auf einiges verzichten. „Ich will mein altes Gerät wieder haben!“, war meine erste Reaktion.

Nun war aber genau das nicht möglich. Es hatte schließlich einen guten Grund, dass ich einen neuen PC brauchte. Die alte Version eines wichtigen Programm, mit dem ich arbeiten musste, wird demnächst nicht mehr unterstützt. Wir sind also gezwungen, auf die neue Version umzusteigen. Mit dem alten Computer war das nicht mehr zu schaffen. Deshalb musste ein neuer her, ob es mir nun passte oder nicht.

„Never change a running system“ gilt also doch nur bedingt. Manchmal muss man eben trotzdem etwas ändern, auch wenn scheinbar alles gut läuft. Es scheint mir, dass es im menschlichen Leben nicht viel anders aussieht. Will man mit anderen über den Glauben sprechen, bekommt man oft Antworten wie „Ich komme auch so gut zurecht.“, „bisher habe ich Gott auch nicht gebraucht.“ oder „Mein Leben gefällt mir, wie es ist.“ Im Moment läuft alles gut, warum also etwas daran ändern? Die Bibel lässt aber keinen Zweifel daran, dass unser jetziges Leben nicht mit dem ewigen Leben – dem Reich Gottes – „kompatibel“ ist. Man könnte sagen, dass wir mit dem alten System künftig nicht mehr arbeiten können, es wird nicht mehr unterstützt, genau so wie meine alte Programmversion künftig unbrauchbar sein wird. Jesus drückt es im Gespräch mit Nikodemus so aus: „Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Johannes 3, 3)

Natürlich ist das nicht so einfach, vieles wird neu sein, anderes wird so nicht mehr gehen, wie man es gewohnt ist oder einen anderen Stellenwert einnehmen. Klar, dass man sich dann vielleicht sein altes Leben zurück wünscht. Doch es ist völlig gleichgültig, ob es jetzt gut läuft, oder nicht. Die Umstellung ist notwendig. Lukas 5, 37 – 39 „Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird verschüttet, und die Schläuche verderben. Sondern neuen Wein soll man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der vom alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder.“ Mit dem alten Leben können wir vor Gott nicht bestehen, sondern nur mit dem neuen Leben, das er uns schenken will.

„Wenn…“

termine2Wenn …

  • diese Arbeit erledigt ist,

  • der Berg abgearbeitet ist,

  • ich diese Stellung, dieses Ansehen, dieses Auto habe,

  • ich Urlaub habe,

  • ich in Rente bin,

  • ich dies oder das erreicht habe,

  • ich mir dieses oder jenes leisten kann,

  • die Kinder älter sind,

  • ich diesen oder jenen nicht mehr sehen muss,

  • die Umstände anders sind,

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dann …

  • werde ich mir Zeit zum Gebet nehmen.

  • werde ich mir mehr Stille gönnen

  • werde ich Ruhe haben

  • werde ich Frieden finden

  • werde ich diesen oder jenen besuchen

  • werde ich Freundschaften knüpfen und pflegen

  • werde ich mich für andere einsetzen

  • werde ich mein Hobby wieder pflegen

  • werde ich die Natur genießen können

  • beginne ich zu leben.

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DU NARR!

Lukas 12, 19 – 20a (EÜ): „Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens. Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! …“

Die Freiheit, da ist keine Not:
Wohin man sieht, schlägt sie wer tot.
Doch wie die Freizeit totzuschlagen,
muss man den Leuten eigens sagen.

Eugen Roth

Leben im Überfluss

Die Werbung hat es mir offenbar angetan. Aus der Reihe der älteren Texte – etwa um 2000 geschrieben:

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lebenVor einiger Zeit sah ich dieses Werbeplakat. „Leben im Überfluss“, welch ein grosses Versprechen! Den „Überfluss“ macht dabei ein Milchshake – halbe(!) Grösse – aus. Es ist mir neu, dass wir neuerdings so bescheiden geworden wären. Sonst lautet doch eher die Devise: „Ich will alles und zwar sofort“. Jeder will „etwas vom Leben haben“. Doch wer von Geschaffenem erwartet, die Leere auszufüllen, die nur der Schöpfer selbst ausfüllen kann, wird zwangsläufig „ent-täuscht“ werden. Das heisst, er wird irgendwann seine Täuschung erkennen – hoffentlich noch rechtzeitig.

Jesus verspricht da etwas ganz anderes (Johannesevangelium 10,10b): „Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ Das ist schon etwas anderes, als ein halber Milchshake. Nicht nur „etwas“ vom Leben, sondern das ganze Leben in der Beziehung zu Jesus Christus, das ist also möglich. Oft sind wir aber so beschäftigt mit allen möglichen wichtigen Angelegenheiten, dass wir gar nicht mehr dazu kommen, uns um diese Beziehung zu kümmern: „Lieber der Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“, und wer unzufrieden ist, sucht sich eben Ersatzbefriedigungen.

Die Diskussionen um den verkaufsoffenen Sonntag zeigen ebenfalls das ganz deutlich. Doch wir sind dabei, uns einen Schutzraum selbst zu zerstören; einen Raum, in dem es einmal nicht ums Geldverdienen geht, in dem wir frei sind, um über andere Werte nachzudenken. Es ist dabei die Frage, ob wir nicht wesentlich mehr verlieren, als wir jemals gewinnen könnten. Erwarten wir doch nicht von materiellen Gütern, was nur Gott uns schenken kann! Oder, um es mit den Worten der Bibel zu sagen:

„Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?“ (Matth. 16, 26)

Kraftquellen

Vor Kurzem habe ich mal wieder einen Abstecher zu meinem alten Arbeitsplatz bei der Heilsarmee gemacht. Mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass auch nach 6 ½ Jahren immer noch verschiedene Sätze, Aussprüche und Gedanken von mir in meiner alten Abteilung präsent sind. Unter anderem bin ich an Gedanken erinnert worden, die ich mir zu einem Baum dort im Hof gemacht habe:

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In unserem Innenhof steht eine sehr große Platane, eine der größten gesunden Platanen in der Kölner Innenstadt. Obwohl sie fast zubetoniert zu sein scheint, findet sie doch ihre Versorgung.

Der Baum ist so hoch, dass es nur wenige Firmen gibt, die die Ausrüstung und die ausgebildeten Mitarbeiter haben, um einen fachmännischen Baumschnitt durchzuführen. Vor einiger Zeit ist wieder ein solcher Baumschnitt durchgeführt worden. Dabei habe ich einige Entdeckungen gemacht, die mich zum Nachdenken angeregt haben:

Nach der Meinung der Fachleute reicht das Regenwasser allein nicht aus, einen solchen Baum ausreichend zu versorgen. Vermutlich reichen seine Wurzeln hinab bis zum Grundwasser. Auch im heißesten Sommer bleibt unsere Platane grün und saftig, mitten in einem Kölner Innenhof. Ein ähnliches Bild findet sich auch in Psalm 1, 1-3:

„Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.“

Die tief reichenden Wurzeln sorgen dafür, dass der Baum leben kann, auch unter widrigen Umständen. Um gesund zu bleiben braucht er auch das Wasser aus der Tiefe.
Nachdem die Platane fertig beschnitten war, wurden die Arbeiter gefragt, warum sie die störenden Äste am Stamm nicht beseitigt haben. Das wäre doch optisch viel schöner. Die Antwort hat mich verblüfft. Diese dünnen Äste versorgen das Narbengewebe von einem früheren Baumschnitt, bei dem wesentlich dickere Äste entfernt wurden. Schneidet man diese feinen Äste ab, stirbt das Narbengewebe ab und der Baum wird an dieser Stelle anfällig für Pilzbefall. Auf mich wirken diese „störenden“ Äste fast wie Fahnen, die die alten Wunden markieren. Und doch sind sie so notwendig.

Ich frage mich, ob es nicht auch beim Menschen so ist. Der Versuch, Wunden zu verdecken führt eher dazu, dass man genau an der Stelle anfällig wird. Da wo ich zulasse, dass diese Wunden und später auch die Narben versorgt werden, kann ich gesund werden und bleiben. Das ist unangenehm, peinlich, das stört das perfekte Bild, und doch ist es der Weg zu Heilung und Stabilität.

Es ist eine der großen Herausforderungen, sich genau diesen Wunden und versteckten Seiten zu stellen. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass sich Gott gerade unserer unschönen Seiten annimmt, unserer Schuld und Rebellion. Und auch sein Heilmittel ist wie eine sichtbare Markierung dieser Wunde: Am Kreuz wird ihre ganze Hässlichkeit offenbar. Und doch müssen wir genau da hin schauen, um heil zu werden. Bereits im Alten Testament gab es dafür ein Vorbild:

„Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.“
(4. Mose 21, 8-9)

Nicht das Wegsehen, das Verbergen bringt das Heil, sondern das Aufdecken, Anschauen und das Vertrauen auf Gottes Handeln.

Dann können Wunden in Kraftquellen verwandelt werden.

Beschirmt!

Aus den Texten der heutigen Messe (im außerordentlichen Ritus):

Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: «Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.»
Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben. Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist dir seine Treue.

(Psalm 91, 1-4)

Morgendliche Gedankengänge

Am Morgen nach einer spätabendlichen Beichte kann man schonmal seltsame Überlegungen haben. Es liegt ja in der Natur der Beichte, dass man sich dort mit den eher unschönen Seiten der eigenen Person befasst. Und während ich so mit einem Kaffee in der Hand darüber sinniert habe, ob es für mein Umfeld nicht viel besser wäre, wenn es nicht meine Macken mittragen müsste (und ich mich deshalb eventuell an der ein oder anderen Stelle rausziehen sollte), fällt mein Blick auf das Kreuz das dort im Garten steht – und mir fällt ein, dass Jesus nicht gekommen ist, damit ich möglichst wenig Unheil anrichte, sondern…

„…Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ (Johannesevangelium 10, 10)

Dafür ist er am Kreuz gestorben. Sich selbst gedanklich auf’s Abstellgleis zu schicken, wäre wohl krasser Undank und Missachtung seiner Liebe. Eine morgendliche Lektion, dass das Nachdenken über die Fehler und Unzulänglichkeiten nicht dazu da ist, mich runterzuziehen, sondern mit Seiner Hilfe zur Fülle zu gelangen. Beichte ist dazu wohl auch ein ganz gutes Hilfsmittel. Danke für die Erinnerung!

Hindernisse auf dem Weg

Umbruchphase! Ja, gerade geht es ein bisschen arg turbulent zu. Wohl hauptsächlich für mich selbst habe ich dazu einen älteren Text wieder hervorgeholt:

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Hindernisse, Umleitungen, Stockungen, das hat wohl niemand so besonders gern. Es bedeutet Verzögerung und erhöhten Kraftaufwand, den man sich gerne ersparen würde. Und schnell stellt man sich Fragen wie: „Musste das unbedingt sein?“ – „Wozu soll das gut sein?“ – „Was habe ich falsch gemacht?“ – „Wer hat Schuld?“ und viele mehr. Hindernisse passen nicht in unsere geradlinige Sicht eines gelungenen, effektiven Lebens.

Das alles hat mich an einem Wochenende beschäftigt, an dem ich mir einmal etwas mehr Zeit genommen habe. Auf dem Gelände des Klosters, wo ich das Wochenende verbrachte fließt ein kleiner Bach. An einer Stelle verzögern Steine das ungehinderte Weiterfließen des Wassers. Oberhalb dieser Barriere war das Wasser trüb und an den Steinen hingen Äste und Blätter, die der Bach bis dahin mitgeführt hatte. Unterhalb war das Wasser klar und ohne Fremdkörper. Das Hindernis im Bachbett hatte wie ein Filter die Verunreinigungen zurückgehalten.

Vielleicht lässt Gott auch in unserem Leben Hindernisse, Schwierigkeiten oder Engpässe zu, damit unser Leben wieder klarer wird. Wenn alles glatt geht, überprüft kaum jemand seinen Lebensstil. Erst wenn es eng wird, werden Dinge in Frage gestellt, die sonst selbstverständlich sind. So wie es im Matthäusevangelium 7, 13 – 14 heißt:

„Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!“

Das sind die Stellen, an denen zurück bleiben muss, was uns hindert oder bremst. Ich denke, dass Gott in unserem Leben solche Situationen nutzt, damit wir ihm wieder klarer und konsequenter nachfolgen können.

Und noch etwas anderes geschieht an solchen Engpässen bei Flüssen oder Bächen. Durch die schnelle Bewegung und die Turbulenzen wird das Wasser mit Sauerstoff angereichert. Es gewinnt also an Frische und Lebendigkeit. Und so ist es auch oft bei mir. Durch Turbulenzen werden die gemächlich eingefahrenen Abläufe durcheinander gewirbelt. Es entsteht Raum für Neues und Frisches, oder aber fast Vergessenes bzw. Vernachlässigtes bekommt wieder neue Priorität.

Ich bin Gott dankbar für diese Hindernisse, die mich wieder näher zu ihm bringen, die meine alten Gewohnheiten aufsprengen und wieder eine frischere, klarere Lebensgestaltung ermöglichen. Ich bin ihm dankbar – ja – aber meist erst im Rückblick. In den Schwierigkeiten selbst fehlt oft der Blick für Gottes Möglichkeiten.

Doch Gott kennt uns und weiß um unsere Begrenzungen. Darauf kann ich mich in solchen Situationen stützen:

„Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt. Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.“ (Römerbrief 8, 27 – 28)

„Weil er an mir hängt…“

„Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: «Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.»

Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben. Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist dir seine Treue.“ (Psalm 91, 1-4)

Das sind unerwartet tröstliche Worte, vor allem am Beginn der Fastenzeit. Gehört habe ich sie in der Messe des ersten Fastensonntags in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus.

In den Texten und Gebeten dieser Messe kommen immer wieder – neben Themen des Verzichts und des Opfers – Teile dieses Psalms vor. Es ist schön, am Anfang der Fastenzeit daran erinnert zu werden, unter welchem Vorzeichen diese Zeit steht: Nicht so sehr mit dem Focus auf eigene Leistung, sondern mit der deutlichen Erinnerung an die Fürsorge, die Liebe und den Schutz unseres Gottes.

„Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt; du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen.

«Weil er an mir hängt, will ich ihn retten; ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen. Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not, befreie ihn und bringe ihn zu Ehren. Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn schauen mein Heil.»“ (Psalm 91, 11-16)

„Weil er an mir hängt, will ich ihn retten…“ Wieder eher die Erinnerung an die Beziehung, als an die Leistung. In Zeiten, in denen mir mein eigener Glaube besonders trocken erscheint, habe ich mich oft an dieses Wort erinnert und mich meinerseits daran festgehalten. Wenn ich der Meinung war, hinter den Ansprüchen zurück zu bleiben (wer auch immer diese an mich gestellt haben mag), dann hat mir dieses Wort zu neuem Vertrauen geholfen. Wie schön, dass es gerade am Anfang dieser herausfordernden Periode „Fastenzeit“ wieder auftaucht.

In diesem Sinne wünsche ich allen eine gute Fastenzeit im Bewusstsein, von Gott selbst gehalten zu sein.

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen“

Diese Woche haben in meinem Umfeld zwei Menschen einen lieben nahen Verwandten verloren, einer davon plötzlich und völlig unerwartet. Der Schock sitzt tief und zwingt zum Nachdenken.

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Ps. 90, 12)

Vor vier Jahren, beim Tod meiner Mutter, gingen mir ähnliche Gedanken schon einmal durch den Kopf – und seitdem immer wieder:

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“

Das sind die „Hausaufgaben“, die uns in diesen Fällen gestellt werden: „Bedenken, dass wir sterben müssen!“ Es ist eine unangenehme Aufgabe, sich mit dem Sterben auseinander zu setzen, aber sie bringt vieles wieder zurecht.

Ich selbst wurde vor allem im Jahr 2006 wie niemals vorher mit dem Tod konfrontiert. Liebe Menschen aus meiner Umgebung starben, oder aber Freunde verloren nahe Verwandte. Durch den Tod meiner eigenen Mutter ist mir dieses „Bedenken“ allerdings besonders nahe gekommen. So hat mich dieser Vers aus den Psalmen von Anfang an begleitet.

Vor diesem Hintergrund haben sich Prioritäten völlig neu geordnet:

  • Was ist wirklich wichtig?
  • Welchen Wert hat das am Ende?
  • Was bleibt wirklich?

Und andere Fragen sind aufgetaucht:

  • Was glaube ich eigentlich?
  • Wie steht es eigentlich mit meinem Glauben an die Auferstehung, das ewige Leben?
  • Wie tragfähig ist meine christliche Hoffnung?

Und dabei ist mir dann – fast zeitgleich mit dem Vers aus Psalm 90 – ein weiterer biblischer Text eingefallen:

„Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einher führen.

Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.“
(1. Thessalonicher 4, 13 – 18)

Es ist gut, sich mit Tod und Sterben auseinander zu setzen. Es ist gut, vor diesem Hintergrund immer wieder das eigene Leben zu überprüfen. Es ist gut, sich dieser letzten Begrenzung zu stellen. Und es ist gut, zu wissen, dass Jesus durch sein Opfer am Kreuz den Weg in die Ewigkeit bei Gott frei gemacht hat.

Damit wir nicht trauern wie die, die keine Hoffnung haben.