Aufgefahren in den Himmel

☁️ „… Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.“ (Credo)


 „Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn.“ (Joh 3,13)


 „Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ (Joh 16, 7)


 „Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von dem Berg, der Ölberg heißt und nahe bei Jerusalem liegt, einen Sabbatweg entfernt.“ (Apg 1, 10-12)

Fotos: Himmelfahrtsikone, Israelwallfahrten 2011 und 2023

Er ist wahrhaftig auferstanden

Es gibt eine Reihe von Glaubenswahrheiten, von denen vermeintlich aufgeklärte Zeitgenossen behaupten, sowas könne man doch heute nicht mehr glauben. Das sei nicht mehr vermittelbar und müsse deshalb aus der kirchlichen Verkündigung gestrichen werden, oder zumindest umgedeutet. Dieser Unglaube wird dann auch noch als erwachsen bezeichnet – im Gegensatz zum angeblich infantilen Glauben der „Frommen“.

Ganz oben auf der Liste dieser nicht glaubbaren Wahrheiten steht die Auferstehung Christi. Die Umdeutungen sind uns leider nur allzu bekannt: Er lebe in seinen Nachfolgern weiter, oder in seiner Botschaft … Folgerichtig ist dann auch bei unseren Verstorbenen häufig die Rede davon, dass sie (nur noch) in unseren Gedanken weiterleben.

Was man uns als modernen und mündigen Glauben weismachen will, ist aber so alt wie das Christentum selbst. Zur Zeit Jesu gab es bereits die Vorstellung einer Auferstehung, und es wurde bereits heftig darüber gestritten, so dass auch Jesus dazu befragt wurde. Gleich in zwei Evangelien wird davon berichtet – im Markusevangelium (12, 18 ff) und im Matthäusevangelium (22, 23 ff):

»Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes. […] Habt ihr denn nicht gelesen von der Auferstehung der Toten, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht (Exodus 3,6): »Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs«? Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.« (Mt 22, 29 und 31-32)

In den ersten Gemeinden tauchte der Zweifel an der Auferstehung ebenfalls sehr schnell auf. In Korinth gab es offenbar Gemeindeglieder, die nicht so recht an eine Auferstehung glauben wollten. Ihnen antwortet der hl. Paulus:

»Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.« (1 Kor 15, 3-6)

Der Kern dessen, was der hl. Paulus empfangen hat, ist also die Botschaft vom Sühnetod Christi und seiner Auferstehung. Beides wird heute immer noch oder wieder in Frage gestellt. Dabei führt der Apostel Zeugen an, die seine Zeitgenossen immer noch befragen konnten. Dann schreibt er weiter:

»Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.« (1 Kor 15, 12-19)

»Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig«

Christentum ohne die Auferstehung ist sinnlos – gleichgültig, was vermeintlich aufgeklärte Verkündiger uns weismachen wollen. Christus ist auferstanden und wir werden auferstehen – nicht symbolisch oder nur geistig, sondern real.

Der Dichter Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769) hat es so ausgedrückt:

Jesus lebt, mit ihm auch ich!
Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt und wird auch mich
von den Toten auferwecken.
Er verklärt mich in sein Licht;
dies ist meine Zuversicht.

Bei orthodoxen Christen ist es Tradition, diesen Osterglauben mit dem Ostergruß zu bezeugen und sich gegenseitig der Auferstehung zu versichern: „Χριστός ἀνέστη“ (Christos anesti) – „Christus ist auferstanden!“. Die Antwort: „αληθώς ανέστη“ (Alithos anesti) – „Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Auch die armenischen Christen grüßen einander mit: „Քրիստոս յարեաւ ի մեռելոց“ (Krisdos haryaw i merelotz) – „Christus ist auferstanden“. Hier lautet die Antwort: „Օրհնեալ է յարութիւնն Քրիստոսի“ (Orhnyal e harutyunn Krisdosi) – Gepriesen sei die Auferstehung Christi!“

Die Botschaft der Auferstehung lässt uns in diesen Lobpreis mit einstimmen.

Maria 2.0 – Vorsicht Trojaner!

Tastenlöwe, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Fake-Update „Maria 2.0“ macht nun schon seit fast zwei Jahren von sich reden. Sollte es ursprünglich eigentlich – laut Werbung – dazu dienen, die Aufklärung der Missbrauchsfälle voranzutreiben, entpuppte es sich nach relativ kurzer Zeit eher als Trojaner.

Laut der Website eines Antivirus-Programms zeichnen sich Trojaner zum Beispiel durch Folgendes aus:

„Im Gegensatz zu anderen Arten von Malware, die nicht einmal versuchen vorzugeben, dass sie sicherer und freundlicher Natur sind, können Trojaner auf den ersten Blick schwieriger zu identifizieren sein.“

Ging es zu Beginn noch vermehrt um die Frage der Missbrauchs-Aufklärung, wurde das Thema zusehends zum reinen Stichwortgeber. Es gibt allenfalls noch lose sprachliche Verknüpfungen mit Phrasen wie „Angesichts des Missbrauchsskandals“ oder „Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals“ etc., und dann kommen Forderungen, die damit nur noch sehr bedingt etwas zu tun haben. Oder Forderungen, denen rundum zuzustimmen ist – wie zum Beispiel die nach lückenloser Aufklärung – werden sprachlich untrennbar mit Forderungen verknüpft, die die Verfassung der Kirche komplett auf den Kopf stellen.

Das Einrichten von Hintertürchen: Üblicherweise führen Trojaner Änderungen an Ihrem Sicherheitssystem durch, sodass sich dann auch weitere Malware oder gar Hacker Zugriff verschaffen können.“

Bei der Forderung nach Weiheämtern für Frauen schimmerte von Anfang an die Haltung durch, das Weihepriestertum an sich sei eigentlich überflüssig. Lange Zeit ließ sich das nur durch beharrliches Nachfragen herausfinden. Als ich diese Wahrnehmung im Januar letzten Jahres in einem Blogartikel formuliert habe, wurden mir in einer Facebook-Diskussion noch Verschwörungstheorien unterstellt. Allerdings sagt eine der Gründerinnen wiederholt, sie sehe die Weihe von Frauen (nur) als Zwischenschritt zur Abschaffung des Weihepriestertums. Mittlerweile gab’s jetzt auch noch den „Thesenanschlag 2.0“, und „Reformation 2.0“ scheint auch nicht mehr weit zu sein.

Die Verwandlung Ihres Computers in einen Zombie: Manchmal ist ein Hacker gar nicht an Ihnen interessiert, sondern er möchte einfach nur Ihren Computer nur als Sklave in einem Netzwerk verwenden, das unter seiner Kontrolle steht.“

Es wird immer wieder behauptet, hier engagierten sich Frauen aus der Mitte der Kirche, die auch in ihren Gemeinden zu den Engagiertesten zählen. Ich glaube gerne, dass das für einige auch stimmt. An einer konstruktiven Mitarbeit z.B. beim Synodalen Weg – wie auch immer man dazu stehen mag – waren sie aber nicht interessiert. Verfolgt man aber die Diskussionen und Argumentationsmuster genauer, wird eines immer klarer: Das was hier angestrebt wird, hat mit der Kirche nicht mehr viel zu tun. Vor der kirchlichen Kulisse werden Mahlfeiern gehalten, die gezielt mit den Symbolen der Eucharistie hantieren, aber eine Umdeutung erfahren. Von Selbstermächtigung und „einfach machen … nicht um Erlaubnis fragen“ ist da die Rede. Der personale dreifaltige Gott wird zu einer Chiffre degradiert. Ansonsten geht es fast nur noch um innerweltlich-gesellschaftliche Anliegen, Strukturen und die Machtbefugnisse, diese Strukturen nach eigenen Vorstellungen komplett umkrempeln zu können.

Offensichtlich wurde unser kirchliches Antivirus-Programm zu lange vernachlässigt und zu selten mit den notwendigen Updates versorgt – mit dem Ergebnis dass mittlerweile sogar das Betriebssystem angegriffen wird.

Verstehens- und Übersetzungshilfen im kirchlichen Diskurs – Teil II

Weitere sprachliche Chiffren, die mir in Diskussionen zu kirchlichen Themen immer wieder auffallen:

geschwisterliche KircheKirche ohne Weiheamt und Sakramente, dafür aber mit vielen "kreativen" Ritualen
Dialog auf AugenhöheDen Klerikern endlich mal sagen, wie es zu laufen hat
selbstbestimmt, autonom, authentischindividualistisch und bestimmt durch die eigenen Befindlichkeiten
Frauenfrage, frauengerecht, geschlechtergerechtWeiheämter für Frauen und Negierung aller Unterschiede zwischen den Geschlechtern
reformorientiertumstürzlerisch
theologische Erkenntnisse aufgreifen, intellektuell verantwortenDenkfiguren der Universitätstheologie übernehmen, sofern sie nicht zufällig mit der Lehre der Kirche übereinstimmen.
(dunkles) MittelalterSammelbegriff für alles Furchtbare, was man je der Kirche zugeschrieben hat, gleichgültig in welcher Epoche und durch wen genau es tatsächlich geschehen ist. Außerdem Bezeichnung alles Lehrmäßige und Liturgische, das nicht der Beliebigkeit freigegeben wird. - Gerne genutzt, wenn die Argumente ausgehen.
Tritt oft auf in Kombination mit "fundamentalistisch" und/oder "unmündig, ..."
unkritisch, unreflektiert, unmündig, autoritätsgläubig, hörigZuschreibungen für Gläubige, die die kirchliche Lehre verteidigen.
Per Definition kann es offenbar nicht möglich sein, z.B. durch eigenes Nachdenken und eigene Auseinandersetzung, zum selben Ergebnis zu kommen wie die Kirche.
unsicher, sicherheitsbedürftig, ängstlichPathologisierung von "konservativen" Gläubigen, damit man sich nicht mit deren Argumenten auseinandersetzen muss.
fundamentalistischWenn gar nichts mehr hilft, wird die Gegenmeinung endgültig diskreditiert und assoziativ als gefährlich dargestellt.

Brot muss man essen, um satt zu werden!

Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB


Das kleine Kirchenbuch, in Verbindung mit der Lutherischen Liturgischen Konferenz zusammengestellt von Edith Thomas, mit Bildern von Christian Rietschel

Dieses 1953 im Johannes Stauda-Verlag Kassel herausgegebene wunderbare Büchlein wurde im engeren Sinne für Kinder geschrieben. Ihnen soll darin die Schönheit der Liturgie vermittelt werden; es will die Liebe zum liturgischen Vollzug der Kirche wecken und dessen tieferes Verständnis fördern.

Allerdings ist Das kleine Kirchenbuch auch für Erwachsene und selbst für Theologen äußerst lesenswert. Denn es lenkt den Blick auf wesentliche Aspekte des Gottesdienstes (in diesem Fall des lutherischen Hauptgottesdienstes, der Messe). Sein Inhalt ist – selbstverständlich mit Akzentverschiebungen in Praxis und Lehre – auch für Katholiken sowie für Christen anderer Konfessionen informativ und geistlich wertvoll.

Ich habe das Buch antiquarisch „ergattern“ können. Gestern ist es mir mit der Post geliefert worden und die Freude darüber ist groß. Den Hinweis auf das Buch verdanke ich einem Freund bei Facebook, dem ich dafür herzlich dankbar bin. Er hatte es dort vor kurzem in einer „Sieben-Tage-Sieben-Lieblingsbücher-Challenge“ präsentiert.

Das Besondere an diesem bald siebzig Jahre alten Büchlein besteht für mich u.a. darin, dass hier in einer gläubigen Selbstverständlichkeit und tiefen Ehrfurcht über die Liturgie gesprochen wird, wie sie heute selten geworden sind: sowohl bei evangelischen als auch bei katholischen „Teilnehmenden“ am Gottesdienst – und leider oft genug auch bei den Liturgen selbst.

In den vergangenen Wochen ist mir angesichts der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schmerzlich bewusst geworden, wie „verzichtbar“ der Gottesdienst und namentlich die Eucharistie hierzulande in vielen Gemeinden, bei Geistlichen, Bischöfen und Kirchenleitungen unterschiedlicher Prägung zu sein scheint.

Wie anders, „hell strahlend“ und direkt ansteckend scheint demgegenüber die besondere Hochachtung vor der Heiligen Eucharistie – dem lebendigen Christus in Leib und Blut – in diesem kleinen Bändchen für Kinder auf. Dort heißt es:

„Der Heiland hat von Sich gesagt: Ich bin das Brot des Lebens. Brot muss man essen, um satt zu werden. Den Herrn Jesus bewundern wie einen großen Mann, hilft uns nichts.

Wir müssen Ihn in unser Herz aufnehmen, wie wir das Brot mit unserem Munde empfangen. In dem Stücklein Brot, in dem Schluck Wein ist Er Selbst uns gegenwärtig, der gestorbene und auferstandene Heiland.“

In Verbindung mit diesem Zitat habe ich meine Neuerwerbung bei Facebook vorgestellt, und bekam darauf viel positive Resonanz. Die Reaktion eines Pfarrers im Ruhestand hat mich besonders gefreut. Sie hat mir gezeigt, dass ich mit meiner Einschätzung nicht alleine stehe. Er schreibt:

„Danke für diesen Hinweis auf Das kleine Kirchenbuch von Edith Thomas, das noch immer einlädt das Geheimnis der Gegenwart Gottes in der Eucharistie in Liebe und Ehrfurcht zu feiern, gerade jetzt in der Corona-Krise.“

Dies macht Hoffnung und stimmt mich zuversichtlich – gerade auch im Blick auf die hohen Feste Christi Himmelfahrt und Pfingsten, die wir in diesen Tagen feiern.

Aus Fratres wurden Patres

Am Freitag, 8. September 2017, dem Fest Mariä Geburt, legten zwei Fratres des Zisterzienserklosters in Bochum-Stiepel die Feierliche Profess ab: P. Alban Ganse und P. Famian Maria Vieth. Abt Maximilian aus dem Mutterkloster Heiligenkreuz nahm die Versprechen entgegen und stand dem feierlichen Pontifikalamt vor.

So weit, so erfreulich! Mit einem Mitbruder aus der Hochkirchlichen St. Johannes-Bruderschaft (SJB) habe ich an diesem besonderen Pontifikalamt teilgenommen – einmal, weil einer der Fratres uns dazu eingeladen hatte, zum anderen, weil ich den zweiten Frater aus früheren Zeiten kannte. Zwar haben wir keinen Platz in den Bänken mehr finden können und „durften“ zwei Stunden lang stehen, aber dennoch war es gut, dass wir dort waren.

Besonders interessant ist die Regelung bei den Zisterziensern, dass Brüder mit feierlicher Profess mit „Pater“ angesprochen werden, unabhängig davon, ob sie Priester sind oder nicht. Abt Maximilian sagte dazu in seiner Predigt, dass der Mönch zur geistlichen Vaterschaft berufen ist und dass eine solche Vaterschaft oft vermisst wird.

Nicht ganz unwichtig für solch eine Vaterschaft ist, so will mir scheinen, was in einem der Gebete für die Professkandidaten erbeten wird:

„… Er folge keiner fremden Stimme, sondern allein der deinen, die spricht: wer mir dienen will, folge mir nach.“

Fotos von Manfred Barnabas Loevenich (Facebook-Profil):

Noch mehr Bilder auf der Website des Klosters – hier

Sehr schön waren – nebenbei bemerkt – auch die Begegnungen bei der Feier im Anschluss.

Orientierung – gemeinsam IHN anschauen

Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB


Wer hätte gedacht, dass sich ausgerechnet beim Autoren des „Kleinen Prinzen“ ein gutes Argument für die gemeinsame Feier der Heiligen Messe „ad orientem“ finden lässt? …

„Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt.“

Antoine de Saint-Exupéry: Wind, Sand und Sterne (1941), S. 216.

Im französischen Original:

„l’expérience nous montre qu’aimer ce n’est point nous regarder l’un l’autre mais regarder ensemble dans la même direction.“

Antoine de Saint-Exupéry: Terre des Hommes (1939), S. 225.

Bild: Sogenannte Gregorsmesse, Mitteltafel des Gregoriusretabels aus Kloster Heisterbach, rheinisch (Meister der Heiligen Sippe und Werkstatt) um 1495 bis 1505, Wallraf-Richartz-Museum Köln; verschiedene Teile des Altarretabels auf dem Kirchenlehreraltar des Zisterzienserklosters Heisterbach sind heute auf Museen in Bamberg, Köln und München verteilt (http://gregorsmesse.uni-muenster.de/objektanzeige.php).

Liturgische Tagung in Herzogenrath – Nachlese

Die Vorträge der „18. Kölner Internat. Liturgischen Tagung“ sind bei bonifatius.tv bestens dokumentiert und ich habe sie auch hier auf meinem Blog verlinkt. Neben den festen Programmpunkten – also Vorträge und die Feier der Liturgie – sind die Begegnungen in den Pausen und beim Essen ein nicht unwichtiger Bestandteil solcher Veranstaltungen. Hier treffen sich Menschen mit ähnlichen Anliegen aber durchaus unterschiedlicher Hintergründe.

Als Schwester der Hochkirchlichen St. Johannes-Bruderschaft habe ich einerseits natürlich aus persönlichem Interesse an der Tagung teilgenommen, war andererseits aber auch als Teil der Bruderschaft dort. Eher zufällig hat sich dabei ein Austausch ergeben mit Referenten und Teilnehmern unterschiedlicher Ausrichtung:

Alleine schon wegen des Austauschs hat sich für mich die Teilnahme sehr gelohnt.


Von den Beiträgen ist mir der Vortrag eines orthodoxen Theologen besonders in Erinnerung geblieben, den ich jetzt einmal exemplarisch herausgreife:

Gebeteter GlaubeÜber die Einheit von Lex orandi und lex credendi aus der Sicht der Ostkirche (Dr. Ioan Moga, Universität Wien)
Video des Vortrags bei bonifatius.tv

Unter Anderem habe ich einige Schlaglichter / Kondensate daraus mitgenommen:

  • „Lex orandi“ – Liturgie ist mehr als nur eine Sammlung liturgischer Texte
  • Liturgie / Ritus
    • Ungeschriebene liturgische Tradition / überlieferte Erfahrung
    • heilige Überlieferung
    • Quelle der Offenbarung
    • Teil der heilsgeschichtlichen Zusammenarbeit zwischen Gott und Mensch
  • Ratzinger, „Geist der Liturgie“ S. 145: „Deswegen werden die Abendmahlsberichte der Bibel erst konkret in der Aneignung durch die feiernde Kirche. Deswegen kann es in der »göttlichen Liturgie« Entwicklung geben, die freilich ohne Hast und ohne gewaltsames Machen, wie von selber, geschieht.“
    ⇒ Liturgie ist „kondensierte Gestalt der lebendigen Überlieferung“
  • Konzilskonstitution „Dei verbum“, Kapitel 2, 10: „Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes“
  • Liturgie: Eschatologische Vorwegnahme (sie bildet die himmlische Liturgie ab)
  • Weniger über Liturgie sprechen, mehr Liturgie leben / feiern

Von der Abschlussmesse in Rolduc am 01.04.2017 hier auch noch einige Fotos:


Berichte andernorts:

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Think positive?

Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB


Ich habe immer größere Schwierigkeiten mit Aussagen christlicher Autoren und zeitgenössischer Kirchenvertreter, die suggerieren, der Glaube bedeute, das Gute durch „Daran-Glauben“ zu bewirken, zu erfahren, nachgerade zu beschwören. Bei näherer Betrachtung handelt es sich dabei doch um eine Art selbsterfüllenden Automatismus. Ist das noch der christliche Fides-Glaube? Oder ist das bereits ein schamanistisches Ritual oder eine psycho-mechanische Autosuggestions-Technik?

Dazu beispielhaft ein Zitat des von mir durchaus sehr geschätzten Søren Kierkegaard:

„Glauben heißt, beständig das Frohe, Glückliche, Gute zu erwarten.“

Und nun? Was bedeutet das? Wenn ich diesen Satz nur isoliert sehe (was als Absicht Kierkegaard nicht zu unterstellen ist), dann handelt es sich um eine selbsterzeugte Wahrheit, die mit der Hilfe von Zauberworten (oder Zaubergedanken, Wunschdenken) herbeigeführt werden soll. Doch dann ist der Weg zu einem „positiven Denken“, das im Denken schon die Erfüllung impliziert, und diese autonom, quasi-schöpferisch „erzeugen“ will, nicht mehr weit. Und in dieser Hinsicht unterscheidet sich eine solche Psychotechnik kaum von der Botschaft östlich inspirierter, esoterischer Glücksversprecher. Auch dazu ein Beispiel:

„You should think positive, send out love, strongly believe in the good, strongly believe that you are the creator of the universe.” (satsang.ch)

Da wiederum rückt das auch in kirchlichen Zusammenhängen empfohlene „Glauben“ im Sinne eines „positiven Denkens“ sehr in die Nähe nicht- und widerchristlicher Weltanschauungen. Wenn nicht der lebendige, personale Christus selbst „Gegenstand“ und „Gegenüber“ meines „Glaubens“ ist, dessen Grundlage und Ziel, Initiator und Empfänger, dann ist dieser „Glaube“ weder hilfreich noch zielführend, sondern bleibt der hinfällige Ausdruck eines Wunsches nach Selbst-Erlösung. Der Mensch bleibt auf sich selbst bezogen, allein auf seine eigene Vorstellungs- und Willenskraft zurückgeworfen, in sich selbst verbogen, verkrümmt. In letzter Konsequenz entfernt diese falsche Ausrichtung auch den „gutmeinenden“ Gläubigen von Christus und vom Dreieinigen Gott.

Und so heißt es dann auch folgerichtig (und ehrlicher, als in vielen vordergründig christlichen Ratgebern) auf der Homepage von satsang.ch:

„Satsang ist die unmittelbare Begegnung mit deinem wahren Selbst, dem Sein. Einheit, die in dieser dualen Welt das Spiel des Getrenntseins spielt, feiert im Satsang sich selber. (…) Im Satsang steht dein wahres Ich, das Sein, im Mittelpunkt. (…) Im Satsang wird dein Verstand enttäuscht werden, da er dort nichts finden kann, das er mitnehmen und aufbewahren kann. (…) Nichts kann dem hinzugefügt werden, was bereits vollständig ist. Im Satsang wird dir diese Tatsache immer und immer wieder vor Augen geführt. Bis der Verstand aufgibt und die unpersönliche Erkenntnis auftaucht, dass das, was die ganze Zeit gesucht wurde, immer da war.“

Ein göttliches Gegenüber aber wird – hier wie dort – überflüssig. Im „Satsang“ etwa wird das personale göttliche Gegenüber explizit negiert, in ein Nichts aufgelöst:

„Im Satsang zeigt Einheit der Einheit die Absurdität des Spiels des Getrenntseins auf.“

Keine Dualität! Kein Gegenüber! Kein Gott! Keine Erlösung!

Dies wäre – das ist! – auch die Konsequenz aller „christlich“ sich gebärdenden Heilsversprechen, die schlussendlich doch ganz ohne Christus und ganz ohne den allmächtigen, allgegenwärtigen, all-liebenden Gott auskommen. Hauptsache, ich liebe mich selbst! Dann aber – konsequent zu Ende gedacht – muss ich mich auch selbst erretten, selbst erlösen. Nur diese Wahrheit enthalten einem die unseligen Heilsversprecher vor. Da sind sie, sofern sie sich noch christlich nennen, nicht ehrlich, nicht konsequent.

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Freiheit oder Gleichheit? Oder Gleichmacherei?

Bild: Washington Post (Facebookfund)

Bild: Washington Post (Facebookfund)

Im Land von „Liberté, Egalité, Fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) haben Polizisten darauf bestanden, dass eine Frau um der guten Sitten willen – nein, nicht sich etwas überzieht, sondern – sich einigen Stoffs zu entledigen habe. Verteidigt wird dieses Vorgehen unter anderem mit der Durchsetzung der Laizität Frankreichs. Es sind also nicht Sicherheits- oder Gesundheitsaspekte, die hier angeführt werden, sondern ideologische. Der Gleichheit (oder besser ‚Gleichmacherei‘) wird der Vorzug vor der Freiheit gegeben. Sichtbares religiöses Bekenntnis soll aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden.

Die Debatte um das Burkaverbot (besser: Verbot der Vollverschleierung) hierzulande trägt ähnliche Züge. Hier geht es etwas weniger um das unerwünschte religiöse Bekenntnis, sondern eher um die Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung der Frauen. Aber auch hier hat die ideologische Argumentation Übergewicht.

Wo eher mit Symbolen gelenkt/regiert wird als mit Argumenten, fürchtet man Symbole mehr als Tatsachen.

Ich kann absolut nachvollziehen, wenn man in einer Gesellschaft darauf bestehen will, denjenigen identifizieren zu können, mit dem man zu tun hat. Bei einem verschleierten Gesicht ist das nicht gewährleistet. Was aber z.B. gegen einen Burkini sprechen soll, falls es keine Sicherheits- oder Hygiene-Probleme gibt, erschließt sich mir überhaupt nicht. Genausowenig kann ich ein Kopftuchverbot nachvollziehen. Die viel gepriesene (und strapazierte) „offene Gesellschaft“ müsste soetwas problemlos aushalten können. Doch im Namen der Freiheit und Toleranz gibt es immer häufiger Überlegungen, Individualität einzuschränken um der äußerlichen Gleichmacherei willen.

Wo soll das denn aufhören? Sollen künftig auch Jüdinnen oder orthodoxe (und einige andere) Christinnen ihre Kopfbedeckungen ablegen müssen? Was ist mit anderen religiösen Symbolen? Muss ich befürchten, dass mein Rosenkranz, mein Kreuzanhänger etc. als Provokation gedeutet wird? Und was ist mit Odensgewändern, Priestergewändern, Verwendung von Ordensnamen …?

Wenn die „offene Gesellschaft“ ihren Namen wirklich verdienen soll, dann muss sie respektieren, dass sich Menschen aufgrund ihrer Überzeugungen selbst (freiwillig) Beschränkungen auferlegen – gleichgültig, ob sie diese für sinnvoll hält oder nicht. Beim Vegetarier klappt das doch auch!


Weitere Links:


Ähnliches Thema, anderer Hintergrund: „Emanzipiert von der Gleichmacherei“

 

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Abbruchkommandos in der Kirche

Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB

Für mich sind die nachfolgenden Worte von Ida Friederike Görres (1901-1971) eine kluge, hellsichtige Zustandsbeschreibung, ein großes Vermächtnis und ein aufrüttelnder Appell an die Nachgeborenen: also an uns. Jeder Satz trifft ins Schwarze, verletzt und tut anhaltend weh! Ich wünsche mir, es möge ein „Heilungsschmerz“ sein, und dass aus den mannigfaltigen Wunden unserer Kirche — meist sind es ja selbstzugefügte Wunden — Heilung, Genesung und neues, gesundes Leben erwachsen.

„Romano Guardini sprach vom Erwachen der Kirche in den Seelen. Heute droht schon wieder das Ersterben, weil jener Satz, zum Slogan isoliert, vielfach auf die bloßen Zeitgenossen isoliert wird, abgelöst von dem ungeheuren geschichtlichen Großgebilde, das in den Tagen der Apostel wurzelt und den jüngsten Tag erwartet und das allein den Namen »Kirche« beanspruchen darf.

Nicht das Laub eines Sommers kann den Lebenslauf eines alten Baumes bestimmen, noch seine bisherige Entfaltung richten und verwerfen. Nicht in seinen Blättern steckt das Gesetz, nach dem er angetreten.

Aber viele Zeitgenossen, unbewusst der existenzialistischen Idee der freien Selbstsetzung des Menschen verfallen, übertragen das auch auf die Kirche und träumen von ihrer totalen Umgestaltung nach kurzlebigen Modellen.“ Aus diesen bösen Träumen wurde binnen kürzester Zeit eine erschreckend banale, profane Wirklichkeit!

„Das Konzil war die große, verheißungsvolle Aussat — jetzt sehen wir vieles Bestürzendes aufwachsen, Giftiges, das die erste Frucht zu ersticken droht. Ja, das Unkraut wuchert oft prächtig, viel eindrucksvoller als das alljährlich gleiche fade Saatengrün. […]

Freilich ist der Wust und Schmutz, den die Abbautruppen anrichten, viel lauter und sichtbarer als die erst schüchtern keimenden »verborgenen Gärten und Pflanzungen«, an denen der andere — ich fürchte, viel kleinere — Teil des Nachwuchses schafft. Ihnen, die daran sind, die uneingelösten Verheißungen unserer Jugend zu erfüllen, schlafende Möglichkeiten der Kirche zu wecken und zu formen, gehört dafür unser ganzes Herz. Für sie — und nicht nur für sie! — haben wir, die Alten, die Abtretenden, Grundrisse und Keime zu bewahren, die heute ins Vergessen gleiten.“

Und so schreibt Ida Friederike Görres 1970 in fast prophetischer Klarheit: „Vielleicht ist schon eine übernächste Generation [— das wären die Jungen von heute! —] der Zerstörungsfreude ihrer eigenen Väter überdrüssig und sucht nach Material zum Bau der Zeitenbrücke zwischen dem Früher und ihrem Jetzt. Die Entwicklung geht ja nicht so geradlinig und eingleisig, wie man gerne tut, sondern in Zickzack und Spiralen. An der nächsten Kehre muss das Alte, Wahre wieder vorhanden sein, deutlich und greifbar für die Suchenden, nicht im Müllschlucker zermahlen.“

Ida Friederike Görres: Im Winter wächst das Brot, Einsiedeln 1970, S. 32-33, 35, 39.

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„Überspringen von Raum und Zeit“ oder politischer Zeitbezug?

Altarstein

Altarstein – (By ViennaUK (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia

Ein Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB – Kommentar zu „Flüchtlingsboot soll Altar werden

„Der Altar ist der zentrale Ort einer katholischen Kirche. Er ist das Christussymbol schlechthin. Darauf weisen auch die fünf Weihekreuze auf dem Altar. Bei der Altarweihe werden sie mit Chrisamöl und Weihrauch verfüllt, die angezündet werden. Die fünf brennenden Kreuze symbolisieren die fünf Wundmale des Gekreuzigten. Auf diese Weise wird die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Jesu Christi auf dem Altar erinnert. Vergegenwärtigung ist mehr als bloß Erinnerung; Vergegenwärtigung bedeutet das Überspringen von Raum und Zeit.“ (www.mystagogische-kirchenfuehrung.de/altar.php)

Nun vergegenwärtigt sich das einmalige und unüberbietbare Kreuzesopfers Jesu Christi also – mit viel Zeitbezug und politischer Aussage – in einem Boot.

Ist das noch Repraesentatio (Vergegenwärtigung), Memoria (Gedächtnis), Applicatio (Zuwendung) und Instauratio (Erneuerung), als welche das Mess- und Kreuzesopfer Jesu Christi im Konzil von Trient und im Römischen Katechismus näherhin klassifiziert werden? Oder ist das bereits Aktion und politisches Zeichen?

Was dabei verdrängt zu werden und in Vergessenheit zu geraten droht: Die Messe ist die lebendige, objektive [!] Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, eine sakramentale Darstellung desselben. Damit ist gleichzeitig ein objektives Gedächtnis verbunden, in Anlehnung an die Worte Jesu Christi: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“

Nun wird aber dem einmaligen und unüberbietbaren Kreuzesopfer Jesu Christi eine zweite Aussage beigesellt (oder soll ich sagen: übergestülpt?) … Nur wird dadurch irgend etwas klarer, wahrer, wahrhaftiger? Oder geschieht genau das Gegenteil?

„Wer sagt, in der Messe werde Gott nicht ein wirkliches und eigentliches Opfer dargebracht, oder die Opferhandlung bestehe in nichts anderem, als dass uns Christus zur Speise gereicht werde, der sei [aus der Kirche] ausgeschlossen.“ Sagt das Konzil von Trient (DH 1751).

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Weihen, Sakramentalien und Nützlichkeitsdenken

Das Online-Portal katholisch.de berichtet unter dem Titel „Erste Witwenweihe der Neuzeit“ über die Weihe einer 62-jährigen Frau im Bistum Trier. So weit so unaufgeregt!

Die Diskussion auf der dazugehörenden Facebook-Präsenz ist dagegen aber erstaunlich „engagiert“. Mehrere Kommentatoren haben es z.B. als Anlass gesehen, nun doch (endlich?) aus der Kirche auszutreten. Etwas moderater aber immer noch deutlich ungehalten äußerten sich Kommentatoren, die eine solche Weihe als veraltet, „Rolle rückwärts“ oder mindestens als völlig unnütz bezeichneten – immer wieder auch die Vermutung, mit einer Weihe hielten sich die Betroffenen für „was Besseres“.

Ich habe allerdings eher das Gefühl, diejenigen haben hauptsächlich mit ihrem eigenen Neid zu kämpfen, die so sehr betonen, so etwas sei doch unnütz oder der Versuch, sich als besser darzustellen. Erstaunlich, dass es oft gerade besonders konzilsbewegte Menschen zu sein scheinen, die sich so vehement gegen verschiedene Stände, Segnungen und Weihen aussprechen. War es doch das 2. Vatikanum, das die Eigenart der verschiedenen Weihen und auch z.B. die Jungfrauenweihe für Frauen außerhalb der Orden wieder ins Bewusstsein brachte!

Wenn ich mich mit meinem Leben Gott zu Verfügung stelle – ob in der Ehe, im Ordensstand, als Priester, geweihte Jungfrau oder eben geweihte Witwe, dann brauche ich dringend die Hilfe und den Segen Gottes dazu. Weihe ist Gabe und Aufgabe zugleich. Früher war der Begriff der Standesgnade mal bekannter.

Zudem ist ein besonderer gottgeweihter Stand auch Sache der Kirche, die eine Berufung bestätigt. In diesem Stand stellt man sich nicht nur unmittelbar Gott zur Verfügung, sondern auch der Kirche. So gibt es dabei auch die Verpflichtung zum Gebet der Kirche, dem Stundengebet. Alles das geht über ein einfaches Versprechen im kleinen Kämmerlein hinaus. Aber genau das scheint Einigen bitter aufzustoßen. Im Bewusstsein vieler Gläubigen hat sich der Individualismus auch in Glaubensdingen so festgesetzt, dass es als Zumutung erlebt wird, wenn sie etwas durch die Kirche bestätigen lassen sollen. Auch das könnte die starke Reaktion auf eine so einfache Meldung erklären.

Wenn überhaupt, werden Weihen nur noch als Erlaubnis bzw. Beauftragung zu konkreten Diensten gesehen. Die Ideologie der Gleichmacherei kann keine tiefergehende Bedeutung mehr ertragen. Manchmal frage ich mich, ob diejenigen, die nur nach dem „Nutzen“ fragen, überhaupt noch mit Gottes Handeln in den Sakramenten und auch den Sakramentalien, die durch die Kirche vermittelt werden, rechnen.

Herausforderung Gemeinschaft

Pater Ulrich schreibt auf seinem Blog über seinen Fastenvorsatz „Sich der Gemeinschaft nicht entziehen“. Als Benediktiner bezieht er sich dabei – wenig überraschend – auf die Benediktsregel zum Thema Fastenzeit.

Nun bin ich kein Benediktiner, aber ich habe mich trotzdem ertappt gefühlt. Ausgerechnet jetzt, wo mir gerade danach ist, mich an einigen Stellen ein bisschen rauszuziehen! Ich kenne den Drang nur allzu gut, sich zurückziehen zu wollen und dem eigenen Rhythmus oder auch einfach dem eignen Gusto den Vorrang geben zu wollen – und damit die Reibungspunkte einfach zu vermeiden.

Leider kann ich mich nicht einmal damit herausreden, dass ich mich ja nicht an die Benediktsregel halten muss. Dasselbe findet sich nämlich auch in der Bibel, deren Relevanz für mich als Christen ich wohl kaum in Abrede stellen kann:

„… und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht.“ (Hebr. 10, 24-25)

 

Na, herzlichen Dank für diese Herausforderung am Beginn der Fastenzeit, lieber Pater! 😉

Es fehlen die Worte

Die Ereignisse der Silvesternacht – hier in Köln und auch in anderen Städten – lassen mich im doppelten Sinn sprachlos zurück. Zum einen ist es einfach schwer zu verstehen, was da am Hauptbahnhof geschehen ist. Und es ist genau so schwer zu verstehen, dass offenbar bekannte Informationen nur tröpfchenweise berichtet werden.

Zum anderen fehlen die Begriffe, das zum Ausdruck zu bringen, was ich denke. Also, sie fehlen nicht wirklich, sondern sie sind so gründlich mit einer mißliebigen politischen Ausrichtung in Verbindung gebracht worden, dass sie für normale Äußerungen „verbrannte Erde“ sind.

Den „besorgten Bürger“ z.B.  finden wir nur noch in Anführungszeichen, als ob diese Sorge grundsätzlich vorgeschoben wäre. Wie soll man denn nun ausdrücken, dass man sich nun einmal Sorgen macht angesichts dessen, was da passiert ist?

Dass man der mangelnden Information nicht traut, die es da offensichtlich gegeben hat, kann man auch nicht ausdrücken, ohne allzu schnell mit denen in einen Topf geworfen zu werden, die den Begriff „Lügenpresse“ im Diskurs nutzen. Aber ich weiß auch nicht, wie ich eine Presse nennen soll, die statt vierte Macht im Staat zu sein und objektive und relevante Information zu bieten, anscheinend freiwillig die Gesinnungs-Nanny für gute Staatsbürger spielt.

In der letzten Zeit wurde so gründlich Sprache an den Pranger gestellt, dass es schwierig geworden ist, Anfragen zu stellen oder moderate Kritik zu äußern, weil damit sofort eine lange Assoziationskette ausgelöst wird, die verhindert, dass die eigentlichen Inhalte überhaupt wahrgenommen werden. Von Ernstnehmen will ich erst gar nicht reden.

Gerade heute habe ich wieder ein beredtes Beispiel dafür gefunden: „Wahrheit ist ein zartes Gut“ (Spiegel Online) – Der ganze Beitrag besteht fast ausschließlich aus suggestiven Fragen, Zuschreibung von Argumentationsmustern und Anstoßen von Assoziationsketten.

Der Demokratie und der Meinungsfreiheit tut man damit keinen Gefallen. Aber „das wird man ja wohl mal sagen dürfen“ ist ja auch schon länger „verbrannte Erde“.

Gesungene Erwartung

Mir scheint, zu keiner Zeit des Jahres wird so viel gesungen und musiziert wie in der Advents- und Weihnachtszeit. Zum Einen gibt es natürlich Unmengen an Tonträgern mit entsprechender Musik. Ich selbst habe z.B. über 30 CDs mit Advents- und Weihnachtsliedern. Zum Anderen ist es aber auch die Zeit der Konzerte, Evensongs, Mitsingabende und auch kleinerer Musikauftritte. Ob das wohl nur ein Relikt aus einer Zeit sein kann, in der man sich die langen Winterabende erträglicher machen wollte?

Kein Zweifel, die Musik des Advents, und noch stärker die Weihnachtsmusik, sprechen das Gemüt an – bis hin zum Kitsch. Nicht umsonst haben im kommerziellen Bereich die Weihnachtslieder die reinen Adventslieder nahezu verdrängt. Ich habe es gerade mal geschafft, mir 3 CDs mit reiner Adventsmusik zu besorgen. Von der Berieselung in Kaufhäusern und auf Weihnachtsmärkten brauchen wir erst gar nicht zu reden.

Ich persönlich kann allerdings mit Adventsliedern oft mehr anfangen. Dabei ist mir aufgefallen, dass diese – wenn nicht aus vorreformatorischer Zeit – überwiegend aus dem evangelischen Bereich kommen. Der Advents-Gesang schlechthin bleibt für mich aber der aus der Gregorianik kommende Rorate-Gesang (deutscher Text auf Wikipedia). Wie viele liturgische Texte des Advents greift er Verheißungen des Alten Testaments auf, gepaart mit der hörbaren Sehnsucht nach deren Erfüllung.

Eine ähnliche Sprache der Sehnsucht sprechen übrigens auch andere meiner Lieblings-Adventslieder:

„Wer singt, betet doppelt“ („Qui cantat, bis orat“) heißt es. Man könnte auch umgekehrt sagen, dass manchmal das Gebet, das Lob, die Sehnsucht zum Gesang hin strebt. Es wäre schade, wenn wir uns diese Regung durch Musik „aus der Konserve“ verderben ließen.

In Erwartung Seiner Wiederkunft

stern_nr6Als Katholiken bekennen wir in der sonntäglichen Messe „Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.“ oder „Ich glaube an … [die] Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“  Zumindest ist es im Messritus so vorgesehen.

20140223_Maastricht(111)Es scheint aber nicht mehr opportun zu sein, dass wir als Christen an das Wiederkommen Christi glauben und auch noch davon reden. Von „An sowas kann man heute nicht mehr glauben“ über „billige Vertröstung“ oder das gut marxistische „Opium für das Volk“ reichen die Reaktionen, wenn man es dann doch einmal wagen sollte. Leider hört man selbst in der Verkündigung an vielen Kirchen hierzulande kaum noch davon.

Die Gesänge in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus für den 2. Advent (Populus Sion) sprechen jedoch deutlich von dem, was wir auch heute noch erwarten:

Introitus:

Volk von Sion, siehe, der Herr wird kommen, die Heiden zu erlösen; und der Herr wird hören lassen Sein majestätisches Wort zur Freude eures Herzens. (Ps.79,2) Hab acht, Du Hirte Israels, der Du gleich einem Schäflein Joseph weidest.
V Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Graduale / Alleluja:

Von Sion her strahlt Seiner Schönheit Glanz; Gott wird sichtbar kommen.
V Versammelt Seine Heiligen um Ihn, die einst den Opferbund mit Ihm geschlossen.

Alleluja, alleluja.
V (Ps.121,1) Wie freute ich mich, da man mir sagte: wir ziehen zum Hause des Herrn. Alleluja.

Offertorium:

Gott, wende Dich zu uns und gib uns neues Leben; dann wird Dein Volk in Dir sich freuen. Erzeige uns, o Herr, Deine Barmherzigkeit und schenke uns Dein Heil.

Communio:

Jerusalem, steh auf und stelle dich auf hohe Warte, und schau die Freude, die dir von deinem Gotte kommt.

Im 1. Petrusbrief (1. Petrus 3, 15) werden wir aufgefordert „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist“. Doch worauf bezieht sich diese Hoffnung? Ein besseres Leben? Selbstoptimierung? Nur wenn wir Bilder davon im Kopf haben, was künftig anders – nämlich besser – sein wird, können wir dauerhaft Kraft und Willen aufbringen, uns verändern zu lassen und daran mitzuwirken.

Der Advent ist eben nicht nur die Zeit, sich kurzfristig auf das Weihnachtsfest vorzubereiten und an die Menschwerdung Christi zu erinnern, sondern auch die Erinnerung daran, dass wir immer noch die Vollendung erwarten.

Oration:

Rüttle auf, o Herr, unsre Herzen, auf dass wir Deinem Eingeborenen die Wege bereiten und Dir zu dienen vermögen mit einem Herzen, geläutert durch die Ankunft Dessen, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. R Amen.


Adventskalender 2015

Pawlowscher Reflex als Gesellschaftsmodell?

Ein Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB


PawlowWarum nicht nur Zorn, Ohnmacht, Mitgefühl und Trauer – sondern vor allem der Verstand unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen lenken und bestimmen sollten:

»Den Verstand einsetzen!« Das bedeutet eben auch,

– nicht unreflektiert und reflexartig auf Aktionen und Ereignisse zu reagieren, die genau auf eine solche Reaktion abzielen (wie es etwa der Terror seinem Wesen, seiner Absicht und seinen Zielen nach tut; vgl. die Herkunft des Begriffs von der Terrorherrschaft der Französischen Revolution: la Terreur »der Schrecken«),

– sich in seinen Gefühlen, Gedanken, Worten und Taten nicht unkritisch instrumentalisieren zu lassen (denn genau darauf zielen nicht nur der Terror, sondern auch eine manipulative Medienpolitik und die Kaufstrategien unserer Konsumwelt ab; „panem et circenses“ …),

– die Aufgabe, mir ein eigenes, differenziertes Meinungsbild zu bilden (und mir damit einen persönlichen Handlungsspielraum zu erschließen) nicht Anderen zu überlassen: weder den Terroristen, noch den Meinungsmachern, noch der Macht der Bilder, weder den fanatischen Hasspredigern noch den notorischen Beschwichtigern, weder ideologischen Deutungen noch »politisch-korrekten« Rede- und Denkverboten, weder simplen populären Parolen noch verführerischen Verschwörungsthesen,

– die Hoheit über das eigene Fühlen, Denken und Handeln nicht leichtfertig in andere Hände zu geben, indem ich mich von Stimmung und Wunschdenken, Rachephantasien, Angst oder Verdrängung leiten lasse,

– den allzu einfachen Erklärungsmustern zu misstrauen, welche mir von Vertretern und Lobbyisten politischer, wirtschaftlicher oder ideologischer Interessen angeboten werden: von Stimmungsmachern, die auf dem Feuer der Angst ihr eigenes Süppchen kochen, oder von jenen Stimmen, die im Schatten einer Rhetorik der Beschwichtigung, Verharmlosung und Ablenkung ungestört ihre eigenen Interessen verfolgen, von kühlen, pragmatischen »Realpolitikern« und von Propagandisten, die uns (je nach eigener Gewinn- und Verlustrechnung) Notwendigkeiten ein- oder ausreden …

All dem gegenüber: »Den Verstand einsetzen!«

… und das Herz!

… und, sofern man gläubig ist, um Gottes Rat, Beistand und Segen beten!

… und auf diese Weise auch in Distanz zum eigenen (von Wünschen, Vorurteilen, Ängsten etc. bedingten) Dafürhalten treten zu können.

Ist das nur ein frommer Wunsch? HERR, erbarme Dich! Kyrie eleison!

Umwege? – Verlorene Zeit?

Schwanberg(03)Alles muss effizient sein. Zielstrebig sollen Dinge erreicht werden – möglichst messbar in Euro und Cent. Abitur machen – dann aber auch Studium, sonst ist es verlorene Zeit. Studium – ja, aber bitte schnell und mit verwertbaren Inhalten. Neues lernen – was für Job und Karriere wichtig ist. Entscheidungen – es muss voran gehen.

Oft ist das die Idealvorstellung von einem gelungenen Leben. Irgendwie kommen dann noch Partnerschaft und eventuell Familie dazu, und dann hat man etwas vorzuweisen. Auch in Bezug auf die religiöse Biographie ist man von solchen Vorstellungen nicht frei. Es sollte immer voran gehen, immer besser werden, sonst ist man gescheitert.

Wenn ich mir meine Biographie (auch den geistlichen Werdegang) mit dieser Brille anschauen würde, fiele das Urteil ernüchternd aus: Jede Menge ‚verlorene Zeit‘, jede Menge ‚Fehlversuche‘, jede Menge (vermeintliche) Sackgassen. Und mittlerweile kenne ich recht viele Leute, deren Lebens- und Glaubensweg auch nicht unbedingt geradlinig verlaufen ist: Ehemalige Pfarrer(innen), ehemalige Ordensleute, Konvertiten, Menschen mit ‚interessanter‘ Berufsbiographie – oder alles zusammen… Alles verlorene Zeit?

Ich persönlich würde nicht auf die Erfahrungen verzichten wollen, die ich jeweils gemacht habe. Vieles von dem, was mir heute wichtig ist, hätte ich nicht ohne die unterschiedlichen Prozesse, die auf dem Weg nötig waren. So kann ich mich nun auch  auf den Wegen „dazwischen“ bewegen. Ich bin der festen Überzeugung, dass nichts, was man lernt verloren sein kann.

Und ich glaube, dass es Anderen ähnlich geht. Es mag sich nicht am Geldbeutel bemerkbar machen, aber eine Bereicherung ist es dennoch.

Hier eine Auswahl von Bloggern, die nicht gerade stromlinienförmig auf ausgetretenen Pfaden unterwegs waren/sind. Bei Einigen finden sich schon im Titel und/oder der Adresse des Blogs Hinweise auf Suchbewegung und Veränderung:

Lagerbildung oder „Wer polarisiert hier eigentlich?“

Tauziehen

Meinungsstarken Personen – vor allem wenn deren Meinung nicht dem erwünschten Mainstream entspricht – werden gerne einmal Polarisierungstendenzen vorgeworfen. Meist folgt diesem Vorwurf aber nicht etwa eine Auseinandersetzung mit den Argumenten und Positionen, sondern eine Einordnung in Lager

  • da zählt nicht mehr was veröffentlicht wird, sondern wo veröffentlicht wird
  • und wer da sonst noch veröffentlicht
  • und wer aus dem Freundeskreis bzw. Bekanntenkreis evtl. Unliebsames geäußert hat
  • und welcher unliebsame Zeitgenosse Ähnliches von sich gegeben hat (und sei es nur, dass das Gras grün und der Himmel blau sei)
  • oder wer sich dadurch bestärkt fühlen könnte…

Nicht Sachargumente, Wahrheit oder Plausibilität zählen, sondern

  • „Zu wem hältst du eigentlich?“
  • „Du kannst doch so jemanden nicht verteidigen!“
  • „So argumentieren auch …“

Ideologisierung und Lagerdenken kommen allzu häufig genau von denen, die anderen vorwerfen zu polarisieren. Gepaart mit diffamierenden Begrifflichkeiten und Zuordnungen, ist das ein probates Mittel, sich erst gar nicht mit den unerwünschten Meinungen auseinander setzen zu müssen.

Ich bin auch nicht glücklich über ‚Applaus von falscher Seite‘, aber in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft müsste es doch möglich sein, Argumente und Realitäten von Sippenhaft zu unterscheiden.