Ein kleiner Unterschied

Kirchliche Diskussionen laufen gerne schonmal unter dem „Highlander-Motto“ ab – „Es kann nur einen geben“!

Christen, denen ihr Glaube wichtig ist, verteidigen diesen selbstverständlich. Wir leben auch nicht gerade in einer Zeit, in der Apologetik nicht dringend nötig wäre. Schwierig wird es dann, wenn nichts Richtiges, Gutes, Hilfreiches stehen gelassen werden kann, nur weil es von der falschen Seite, Bewegung oder gar Konfession kommt. Jeder gute Ansatz ist dann sofort zu verwerfen, wenn er aus der falschen Ecke kommt.

Als Christen können wir nicht oft genug betonen, dass Christus das Zentrum des Glaubens und das Haupt der Kirche ist. Da gibt es keinerlei Möglichkeit, indifferent zu bleiben. Einen Mittelweg gibt es nicht.

Gleich an zwei Stellen in den Evangelien wird uns überliefert, was Christus in Bezug auf sich selbst sagt:

»Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich;
und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.«
(Mt. 12, 30 / Lk 11, 23)

Ein anderes Jesuswort hört sich ganz ähnlich an, scheint dem aber komplett zu wiedersprechen. In Bezug auf seine Jünger und Nachfolger heißt es nämlich:

»Und Jesus sprach zu ihm: Wehrt ihm nicht!
Denn wer nicht gegen euch ist, der ist für euch.«
(Lk 9, 50)

Die Kirche hängt engstens mit Christus ihrem Haupt zusammen, aber sie ist nicht 100% identisch mit ihm. So wichtig die Kirche für den Gläubigen ist, sie existiert auch in einer gefallenen Welt mit eingeschränkter Erkenntnis und begrenztem Fassungsvermögen.

Ich halte es für gut möglich, dass andere kirchliche Traditionen Dinge bewahrt (oder neu entdeckt) haben, die uns vielleicht verloren gegangen sind – und dass bei uns Dinge lebendig geblieben sind, die bei anderen vielleicht in Vergessenheit geraten oder in den Hintergrund gerückt sind. Das wahrzunehmen halte ich einerseits für einen großen Reichtum, andererseits aber auch für eine Herausforderung, meine eigene Position immer wieder neu zu reflektieren.


Disclaimer: Nein, das ist jetzt kein Plädoyer dafür, sich steinbruchartig bei anderen Konfessionen zu bedienen, sich seine individuelle Religion zusammen zu basteln und alle real vorhandenen Grenzen eigenmächtig zu überschreiten. Das gebietet alleine schon der Respekt vor der eignenen und der jeweils anderen Tradition.


Ähnliches Thema:

 

„Dass alle eins seien…“ – Offenheit

Gestern bin ich von sehr spannenden Tagen in Marburg zurück gekommen. Ich durfte mit einigen Anderen als Gast teilnehmen an einem Treffen der Hochkirchlichen St.-Johannes-Bruderschaft. Dass ich hier keinen detaillierten Bericht abgebe, versteht sich von selbst. Uns Gästen ist man dort jedenfalls mit sehr großer Offenheit und Herzlichkeit begegnet.

Neben einer großen „Liturgiedichte“ waren die Tage geprägt von vielen Gesprächen und viel Austausch (Nachtschlaf wird definitiv überbewertet! 😉 ). Es hat mir sehr gut getan, die Offenheit zu sehen, mit der unterschiedlichen Zugängen begegnet wurde.

Dabei habe ich an manche Frömmigkeitsformen gedacht, mit denen ich mich bei und nach meiner Rückkehr in die kath. Kirche auseinandersetzen mußte. Es ist mir ein Herzensanliegen, im ökumenischen Miteinander genau diesen respektvollen Weg zu gehen, der Unterschiede zu verstehen sucht, ohne sie vorschnell einebnen zu wollen – auf der Suche nach einem gemeinsamen Weg in Wahrheit, Respekt und Verständnis. Es war schön, Gleichgesinnte zu treffen! Für mich ein unverdientes Geschenk, das ich genossen habe. Ganz nebenbei habe ich auch noch ziemlich viel Interessantes gelernt (Neugier lässt grüßen 😉 ).

(Und ehe sich jetzt jemand berufen fühlt, mich von einer vermuteten rosa Wolke wieder herunterzuholen: Natürlich bin ich mir im Klaren darüber, dass es überall menschelt – aber in diesen Tagen hat’s halt einfach mal gepasst)

Und weil ich mir schon seit Langem Gedanken über diese Dinge mache, habe ich hier mal ein paar Postings von mir verlinkt, die ich zu diesem Thema bereits geschrieben habe:

Meine Gedanken zum allgemeinen ökumenischen Miteinander… :

…und zu einzelnen („katholischen“) Frömmigkeitsformen…:

Ich gehe mal davon aus, dass ich mich demnächst auch noch mit weiteren Themen in diesem Umfeld auseinandersetzen werde.

Vom Umgang mit „Sperrigem“ – Thema Beichtgelegenheit

Am Gründonnerstag muss ich – wegen der Fußwaschung – immer auch an das Thema Beichte denken. Auch wenn es keine so ganz übliche Verbindung ist, so hat für mich die Fußwaschung und das, was Jesus dazu sagt, eine ganz enge Verbindung zur Beichte.

„Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein.“ (Johannesevangelium 13, 10)

Um dieses – sperrige – Sakrament und das dazugehörende sperrige Kirchenmöbel ging es auch in einem Artikel aus der Kölner Kirchenzeitung vom 15.04.2011. Der komplette Artikel ist bis Ende April noch in der PDF-Ausgabe auf Seite 45 zu lesen:

„Sakramentales Handeln – als Vermächtnis des Wanderpredigers Jesu – ist nicht an einen Ort oder etwa an eine Kirchenarchitektur gebunden. Diese kann unter Umständen mit ihrer Raumproportion und Lichtdramaturgie der körperlichen und seelischen Erfahrung der gefeierten Inhalte dienen. Dem hilft auch die Ausstattung – seien es Bilder, Ausschmückung oder – was im Folgenden näher betrachtet werden soll – der Beichtort.“

Von dieser Prämisse ausgehend folgt eine Schilderung der „Beichtorte“ früherer Zeiten – jeweils mit Deutung – bis der Autor dann zur heutigen Beichtpraxis kommt. Letztere allerdings sehr reduziert auf das Beichtgespräch und die dazugehörenden Beichtzimmer:

„Nur belegen die Erfahrungen mit in der Folge eingerichteten „Gesprächsräumen“, dass diese für die Mehrheit der Pönitenten offenbar auch nicht die passende Lösung sind: sie bleiben diesem Angebot einfach fern.“

Ich kann mich ja des Gefühls nicht erwehren, dass hier von den äußeren Gegebenheiten der Haupteinfluss auf die Beichtpraxis erwartet wird. Die Architektur, die Räume als psychologischer Kniff, der zum gewünschten Ergebnis führen soll. Mich würde doch sehr wundern, wenn die „Beichtzimmer“ Schuld daran wären, dass die Beichte aus der Mode gekommen ist. Fehlt uns also einfach nur der heute adäquate „Beichtort“? Und dann wissen die Katholiken plötzlich wieder etwas anzufangen mit Schuld, Vegebung, Verantwortung und Reue? Ich habe meine Zweifel!

Mit Recht richtet sich der Autor gegen Zweckentfremdung und „Profanierung“ der Beichtstühle z.B. durch Nutzung als Abstellkammer. An der Sinnhaftigkeit des folgenden Vorschlags habe ich allerdings auch meine Zweifel:

„Vielleicht können mit einer Rückbesinnung auf Ursprung und Heilsabsicht dieses Sakramentes Wege zur Erprobung neuer Formen alter Traditionen beschritten werden: Zwischen Aschermittwoch – dem Tag der Reue – und Gründonnerstag – in der Zeit der Buße und am Tag der Wiederaufnahme der Sünder in die Gemeinschaft der Gemeinde – sollte der Ort der Beichte eine besondere Herausstellung und Würdigung erfahren. Dies könnte deutlich unterschieden werden von der übrigen Zeit im Kirchenjahr, in der der Beichtstuhl möglicherweise verhüllt sein könnte.“

Ähm… Und wo beichtet man dann im restlichen Jahr? Oder soll das vermitteln „So, das war’s mit der Pflichterfüllung für dieses Jahr – das Thema kann man jetzt getrost bis zur nächsten Fastenzeit abhaken“? Na, das wird ganz sicher (nicht!) dazu beitragen, dass die Beichte wieder als selbstverständlicher Teil des praktizierten Glaubens etabliert wird!

Was bin ich froh, dass die Beichte

  1. an vielen verschiedenen Orten möglich ist: im Beichtstuhl, im Gesprächszimmer, in der Kirchenbank, in einem Wohn- oder Sprechzimmer, unterwegs auf einem Spaziergang oder einer Wallfahrt …,
  2. bei Vielen nicht aus der Übung gekommen ist und auch nicht reduziert auf die kurzen Perioden direkt vor den großen Feiertagen,
  3. immer noch in einigen Kirchen als regelmäßiges, sogar tägliches Angebot besteht und vor allem
  4. die bleibende Einladung Gottes ist – auch an mich – ihm wieder neu zu begegnen und Heilung zu finden!

Der Hauptmann von Kapernaum – und das Gebet zu den Heiligen

„Ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.“

Es ist schon etwas Merkwürdiges, wenn man beim Lesen der Bibel plötzlich über ein Thema nachdenkt, das man noch nie mit diesem Bibeltext in Verbindung gebracht hat – so geschehen gestern bei mir.

Der Hauptmann von Kapernaum ist ja vor allem bekannt, weil Jesus seinen großen Glauben lobte.

„Da ging Jesus mit ihnen. Als er aber nicht mehr fern von dem Haus war, sandte der Hauptmann Freunde zu ihm und ließ ihm sagen: Ach Herr, bemühe dich nicht; ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst; darum habe ich auch mich selbst nicht für würdig geachtet, zu dir zu kommen; sondern sprich ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ (Lukasevangelium 7, 6+7)

Dass der Hauptmann nicht selbst zu Jesus gegangen ist, war mir zwar immer bewusst, aber irgendwie habe ich nie näher darüber nachgedacht. Und dann bleibe ich ausgerechnet dabei hängen:

„… ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst; darum habe ich auch mich selbst nicht für würdig geachtet, zu dir zu kommen“

Solche Aussagen kenne ich auch von nicht wenigen Christen, denen es ähnlich geht. Darum fällt es ihnen – so sie Katholiken sind – genau aus diesem Grund manchmal leichter, Maria oder die Heiligen um Fürsprache zu bitten bzw. ihnen ihr Herz auszuschütten.

Mir kam das immer fremd vor. Dass ich mit allem immer zu Jesus gehen kann, ist eigentlich schon immer einer der Grundtöne meines Glaubens gewesen. Auch in der Verkündigung – gerade in freikirchlichen Gemeinden – wurde/wird immer wieder Wert darauf gelegt. Von Jesus ist aber nicht berichtet, dass er etwas dagegen hatte, wenn man sich an Fürsprecher wandte.

Genau wie bei der Heilung eines Gelähmten (im selben Ort übrigens), den seine Freunde zu Jesus brachten, so handelte er auch hier auf Bitte von anderen. Und in keinem Fall hat er die Betroffenen getadelt. Den Glauben des Hauptmanns hebt er sogar ganz besonders hervor, unbeschadet dessen, dass er sich nicht unmittelbar selbst an Jesus gewandt hat.

Ich weiß nicht, ob das Gebet zu Heiligen jemals einen großen Raum und Stellenwert bei mir haben wird. Ich vermute mal, eher weniger. Mir ist aber nochmals besonders deutlich geworden, dass es andererseits auch nicht ganz so abwegig ist und seine Berechtigung hat.

Tridentinischer Stuhlkreis

Endlich hat er auch in traditionelle Kreise Einzug gefunden, der Stuhlkreis mit gestalteter „Mitte“!

Dank an Peter, der uns den tridentinischen Stuhlkreis vorstellt!

Ich warte schon mit Ungeduld auf die Fortsetzung der Reihe.

Selige Unwissenheit… oder „Wo bleibt die Einheit?“

Warum hat mich das früher eigentlich nicht gestört? Vermutlich, weil ich nicht allzu viel wusste über die Messfeier und die Zusammenhänge. Da hätte ich an einer Messe, wie ich sie heute erlebt habe, nichts auszusetzen gehabt. Heute muss ich sagen, diese mehr oder weniger subtilen eigenmächtigen Veränderungen in der Messe stören mich gewaltig.

Neben vielem Anderen, was mir zugegebenermaßen auch nicht neu war, bin ich heute vor allem an einer „kleinen“ Veränderung im Hochgebet hängen geblieben. Statt „in Einheit mit…“ hieß es wörtlich:

„Stärke Papst und Bischöfe, sowie alle Männer und Frauen, die…“

Abgesehen davon, dass nicht einmal die Namen genannt wurden, ist es natürlich viel unverbindlicher und ungefährlicher für Papst und Bischöfe zu beten (auch schon gehört „wir bitten für den Papst, den Bischof…“), als die Einheit mit ihnen zu bekennen oder dieses Bekenntnis gar mit Leben zu füllen. Sehr bezeichnend! Beten kann und soll man ja sogar für die Feinde!

Ja, und wenn ich mir dann die Messfeier so ansehe, bleibt – zumindest in liturgischen Dingen – auch nicht viel übrig an Einheit mit Papst und Bischöfen. Die liturgischen Regelungen werden jedenfalls fleißig ignoriert. Insofern ist es dann vielleicht auch ehrlicher, für Papst und Bischöfe zu beten, statt Einheit mit ihnen zu behaupten.

Ach, war das alles einfach, als ich noch unbedarft in unterschiedliche Gottesdienste gehen konnte und mir diese Dinge gar nicht erst aufgefallen sind!

„Der Geist der Straßenverkehrsordnung“

… ein Gleichnis

1965 ging die drei Jahre andauernde 2. Allgemeine Beratung zur Revision der Straßenverkehrsordnung zuende. Neue Entwicklungen in der Technik, neue Möglichkeiten und Gefahren sowie ein verändertes Fahrverhalten hatten Anpassungen und Klarstellungen nötig werden lassen. Die schließlich verabschiedete Fassung der Straßenverkehrsordnung wurde jedoch unterschiedlich interpretiert und rezipiert.

Einige Straßenverkehrsteilnehmer haben sich mit „Liberalisierungen“ nicht abfinden können. Es sei ein Angriff auf die gute bewährte Ordnung, wenn man die Einbahnstraßen aufgebe und stattdessen auf manchen Straßen Bewegung in beiden Richtungen erlaube. Außerdem seien Kreuzungen mit gleichberechtigten Straßen die Vorboten der Anarchie im Straßenverkehr. Es müsse zwingend überall klare Vorfahrtsstraßen geben. Bereits die Einrichtungen von Ampeln, die mal der einen Straße, mal der anderen den Vorzug gäben, seien ein völlig falsches Signal. Mehrspurige Straßen, die ein Nebeneinander unterschiedlicher Geschwindigkeiten in der gleichen Richtung ermöglichen und ein heraufgesetztes Tempolimit führten nach Ansicht dieser Skeptiker zu Verwirrung und Eigensinn im Fahrverhalten. So könne das alles kein gutes Ende nehmen.

Der explizite Hinweis darauf, dass im Straßenverkehr „gegenseitige Rücksicht“ die Grundhaltung sein müsse führt eine weitere Gruppe dazu, sich eher dem „Geist der Straßenverkehrsordnung“ verpflichtet zu wissen als ihren tatsächlich niedergeschriebenen Regelungen. „Eigentlich wollte man ja noch viel weiter gehen, aber das war zu der Zeit einfach noch nicht möglich. Die Öffnung hat begonnen, und wir müssen alles dafür tun, dass es in dieser Richtung weiter geht.“ Unter diesem Motto setzt man sich ein für die Abschaffung dieser hierarchischen Einrichtung namens Vorfahrtstraßen: „Warum sollen nicht alle Straßen gleichberechtigt sein? Und warum dann eigentlich nicht viel lieber „Links vor Rechts“? Okay, an manchen Straßen stehen Vorfahrtsschilder, aber das sind ja nur Relikte aus einer anderen Zeit. Wer dort einfach fährt in der Meinung Vorfahrt zu haben ist selbst schuld am Unfall. Schließlich hätte er wissen müssen, dass man das hier anders handhabt.“

Verbotsschilder werden als unzulässige Gängelung und Eingriff in die Freiheit empfunden. So wird vorgeschlagen, diese doch wenigstens weniger streng aussehen zu lassen bzw. sie in unverbindliche Empfehlungen umzuwandeln. Es sei heute ja niemandem mehr zuzumuten, sich über Gefahren Gedanken zu machen. Die „gegenseitige Rücksichtnahme“ sei nicht zu vereinbaren mit klaren Verboten.

Man kümmert sich selbstverständlich auch um diejenigen, die aus den unterschiedlichsten Gründen im Straßengraben gelandet sind. Straßenfeste seien ein geeignetes Angebot, diesen Leuten wenigstens das Gefühl zu geben, einen Platz unter den Straßenverkehrsteilnehmern zu haben. Es sei Ihnen unter dem Motto der „gegenseitigen Rücksichtnahme“ jedoch nicht zuzumuten, eine Fahrschule zu besuchen oder sich die Regeln im Straßenverkehr wieder (neu) anzueignen.

Und schließlich gäbe es ja andernorts auch noch andere Regeln im Straßenverkehr, die ja nicht automatisch schlechter sein müssten. Wie käme man dazu, ausgerechnet auf die Einhaltung der hier gültigen Regeln zu pochen? Gruppen wie „Wir sind der Straßenverkehr“ oder „Straßenverkehrsregeln von unten“ reklamieren für sich, den „Geist der Straßenverkehrsordnung“ umzusetzen – das, was die Verfasser eigentlich gewollt hätten (sollen), wenn sie nicht in ihrer traditionellen Denkweise gefangen gewesen wären.

Der „Geist des Konzils“ verhält sich zu den Texten des Konzils in etwa so, wie mein Fahrstil zur Straßenverkehrsordnung.

Leuchten

Foto H. LeisingerMeinen Urlaub verbringe ich hin und wieder in einem Franziskanerkloster. Dabei übernehme ich einige kleine Aufgaben, z.B. auch nach den kleinen Kerzen zu sehen, die Menschen dort aufstellen können.

Hin und wieder habe ich also nachgesehen, ob der Kerzenvorrat noch ausreicht und habe die ausgebrannten Behälter entfernt. Diese sollten später sortiert werden, welche noch brauchbar sind und welche nicht mehr.

Meine Gedanken gingen dabei ein wenig spazieren: Die Behälter selbst können nicht leuchten. Ohne die Wachskerze verliert der Behälter seine Bedeutung. Es wäre aber ein Trugschluss zu denken, dass man auf diese leeren Behälter einfach verzichten könnte.

Natürlich ist das Wichtige die leuchtende Kerze, nicht der Behälter. Die Konsequenz ist, dass manche denken, man sollte dann einfach nur die Kerze hinstellen, ohne den unnötigen Behälter. Doch was passiert dann? Die Kerze ohne den schützenden Behälter wird entweder vom ersten Windstoß ausgeblasen oder sie brennt völlig deformiert ab, weil das flüssige Wachs sofort wegfließt.

Manchmal gehen wir mit unseren Traditionen so um. Zu schnell wird sich bestehender Traditionen entledigt, obwohl sie neu mit Inhalt gefüllt werden könnten. Zu schnell wird gesagt: Wenn die Beziehung zu Jesus gut ist, dann ist der Rest nicht mehr wichtig oder überflüssig. Doch beim nächsten Gegenwind kann es sein, dass das Feuer erlischt, oder das Glaubensleben wird seltsam einseitig, weil das formende Element fehlt.

Vielleicht ist nicht jede Tradition noch brauchbar, nicht alles muss und kann unbedingt aufrecht erhalten werden. Doch es ist nicht ungefährlich, bestehende Formen einfach aufzugeben ohne sie durch neue zu ersetzen. Diese Formen können Halt geben bei Gegenwind und Zweifel, sie bewahren vor allzu großer Einseitigkeit.

Jesus sagt: „Darum gleicht jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt.“ (Matthäus 13, 52)

Neues und Altes hat seine Berechtigung und seine Notwendigkeit. Für mich selbst wünsche ich mir, dass ich diesen Reichtum immer mehr entdecke und mein Leben dadurch bereichern, vertiefen und stützen lasse.