Zum Ziel kommen

Text aus dem Jahr 2004 – mal wieder ein Auto-Vergleich:

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strasseWer in einer fremden Umgebung zurecht kommen muss, der kennt das Problem. Die Wegbeschreibung ist ungenau, einmal die richtige Abfahrt verpasst und nach der zwanzigsten Einbahnstraße hilft auch der beste Orientierungssinn nicht weiter.  In einer Stadt wie Köln kann das jedenfalls leicht passieren. Da kann dann froh sein, wer einen Beifahrer hat, der Straßenkarten lesen kann. Wer sich aber – weil er allein unterwegs ist – auf Beschreibungen und Schilder verlassen muss, der ist dann auch verlassen.

Schon seit einiger Zeit gibt es dafür freundliche elektronische Helfer, die per Sprachausgabe den richtigen Weg führen und auch dann noch zurecht kommen, wenn man von diesem vorher berechneten Weg abkommt. Navigationssysteme – so heißen die nützlichen Geräte – können innerhalb kürzester Zeit einen neuen Kurs berechnen.

Seit kurzer Zeit lasse ich mir ebenfalls von einem solchen Gerät den Weg zeigen. Dabei stelle ich fest, dass aber noch viele alte Gewohnheiten zum Tragen kommen. „Lieber den bekannten Weg fahren“, „Lieber Hauptstraßen benutzen“, „Wer weiß wo ich sonst noch rauskomme“. Das sind Gedanken, die ein gewisses Misstrauen offenbaren.  Wirklich hilfreich sind diese Hilfen nur, wenn ich sie auch in Anspruch nehme.

Das erinnert mich ein wenig daran, wie ich manchmal mit der Führung Gottes in meinem Leben umgehe. „Kann das stimmen, was er mir da sagt? So habe ich das ja noch nie gesehen oder getan!“ Und die Versuchung ist groß, doch eher die bekannten Wege zu nutzen, die ausgetretenen Pfade.

Mein Navigationssystem mahnt mich manchmal, bei der nächsten Möglichkeit umzukehren, nicht einfach einen anderen Weg zu nehmen. Und das tut Gott auch oft. Nicht immer können wir auf unseren bekannten Pfaden zum Ziel kommen. Da müssen wir die Richtung ändern, umkehren, oder – wie die Bibel es sagt – Buße tun.

Um den richtigen Weg zu finden, muss ich wissen, wo ich gerade stehe und wohin ich soll. Beim Navigationssystem kommt die Standortbestimmung „von oben“, also von Satelliten. Vielleicht müssen wir auch manchmal „oben“ nachfragen, bei dem der den Überblick hat, wo wir wirklich stehen. Doch woher soll ich wissen, ob das was ich von Gott zu hören glaube auch wirklich von ihm kommt?

Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Johannes 14, 26)

Gottes Geist will uns leiten, er spricht zu uns, wenn wir auf ihn hören. Doch er erinnert vor allem an das, was Jesus gesagt hat. Das können wir in der Bibel nachlesen. Für mich ist die Bibel, wie das Kartenmaterial des Navigationssystems und der Heilige Geist wie die Anweisungen. Die Anweisungen richten sich nach den Angaben des Kartenmaterials. Wenn ich sie schlecht verstanden habe, stelle ich mit einem Blick auf die Kartenanzeige fest, wie die Anweisung gemeint war.

Wenn der Heilige Geist in mein Leben hinein redet, dann nicht im Gegensatz zu dem, was in der Bibel geschrieben ist. Daran können wir prüfen, ob wir richtig verstanden haben. Andererseits gibt uns der Heilige Geist die konkreten Anweisungen, die jetzt für uns dran sind. Im Bild gesprochen: Er sagt uns, was wir für den jetzigen Weg brauchen, und was jetzt für uns dran ist.

Wenn der Heilige Geist uns an die Worte Jesu erinnern will, dann müssen wir sie zuerst einmal kennen. Ich muss die Bibel lesen, damit ich an etwas daraus erinnert werden kann. Aber ich muss nicht gleich alles verstehen. Meine Aufgabe ist es, jetzt umzusetzen, was ich jetzt verstehe und was Gott jetzt von mir will.

„Der Geist der Straßenverkehrsordnung“

… ein Gleichnis

1965 ging die drei Jahre andauernde 2. Allgemeine Beratung zur Revision der Straßenverkehrsordnung zuende. Neue Entwicklungen in der Technik, neue Möglichkeiten und Gefahren sowie ein verändertes Fahrverhalten hatten Anpassungen und Klarstellungen nötig werden lassen. Die schließlich verabschiedete Fassung der Straßenverkehrsordnung wurde jedoch unterschiedlich interpretiert und rezipiert.

Einige Straßenverkehrsteilnehmer haben sich mit „Liberalisierungen“ nicht abfinden können. Es sei ein Angriff auf die gute bewährte Ordnung, wenn man die Einbahnstraßen aufgebe und stattdessen auf manchen Straßen Bewegung in beiden Richtungen erlaube. Außerdem seien Kreuzungen mit gleichberechtigten Straßen die Vorboten der Anarchie im Straßenverkehr. Es müsse zwingend überall klare Vorfahrtsstraßen geben. Bereits die Einrichtungen von Ampeln, die mal der einen Straße, mal der anderen den Vorzug gäben, seien ein völlig falsches Signal. Mehrspurige Straßen, die ein Nebeneinander unterschiedlicher Geschwindigkeiten in der gleichen Richtung ermöglichen und ein heraufgesetztes Tempolimit führten nach Ansicht dieser Skeptiker zu Verwirrung und Eigensinn im Fahrverhalten. So könne das alles kein gutes Ende nehmen.

Der explizite Hinweis darauf, dass im Straßenverkehr „gegenseitige Rücksicht“ die Grundhaltung sein müsse führt eine weitere Gruppe dazu, sich eher dem „Geist der Straßenverkehrsordnung“ verpflichtet zu wissen als ihren tatsächlich niedergeschriebenen Regelungen. „Eigentlich wollte man ja noch viel weiter gehen, aber das war zu der Zeit einfach noch nicht möglich. Die Öffnung hat begonnen, und wir müssen alles dafür tun, dass es in dieser Richtung weiter geht.“ Unter diesem Motto setzt man sich ein für die Abschaffung dieser hierarchischen Einrichtung namens Vorfahrtstraßen: „Warum sollen nicht alle Straßen gleichberechtigt sein? Und warum dann eigentlich nicht viel lieber „Links vor Rechts“? Okay, an manchen Straßen stehen Vorfahrtsschilder, aber das sind ja nur Relikte aus einer anderen Zeit. Wer dort einfach fährt in der Meinung Vorfahrt zu haben ist selbst schuld am Unfall. Schließlich hätte er wissen müssen, dass man das hier anders handhabt.“

Verbotsschilder werden als unzulässige Gängelung und Eingriff in die Freiheit empfunden. So wird vorgeschlagen, diese doch wenigstens weniger streng aussehen zu lassen bzw. sie in unverbindliche Empfehlungen umzuwandeln. Es sei heute ja niemandem mehr zuzumuten, sich über Gefahren Gedanken zu machen. Die „gegenseitige Rücksichtnahme“ sei nicht zu vereinbaren mit klaren Verboten.

Man kümmert sich selbstverständlich auch um diejenigen, die aus den unterschiedlichsten Gründen im Straßengraben gelandet sind. Straßenfeste seien ein geeignetes Angebot, diesen Leuten wenigstens das Gefühl zu geben, einen Platz unter den Straßenverkehrsteilnehmern zu haben. Es sei Ihnen unter dem Motto der „gegenseitigen Rücksichtnahme“ jedoch nicht zuzumuten, eine Fahrschule zu besuchen oder sich die Regeln im Straßenverkehr wieder (neu) anzueignen.

Und schließlich gäbe es ja andernorts auch noch andere Regeln im Straßenverkehr, die ja nicht automatisch schlechter sein müssten. Wie käme man dazu, ausgerechnet auf die Einhaltung der hier gültigen Regeln zu pochen? Gruppen wie „Wir sind der Straßenverkehr“ oder „Straßenverkehrsregeln von unten“ reklamieren für sich, den „Geist der Straßenverkehrsordnung“ umzusetzen – das, was die Verfasser eigentlich gewollt hätten (sollen), wenn sie nicht in ihrer traditionellen Denkweise gefangen gewesen wären.

Der „Geist des Konzils“ verhält sich zu den Texten des Konzils in etwa so, wie mein Fahrstil zur Straßenverkehrsordnung.