Zur „Meditation in der Fastenzeit“, die ich in der letzten Woche an meinem Arbeitsplatz zu halten hatte, habe ich mir Gedanken zum Thema Zeit gemacht:
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Zeit ist kostbar. Das Leben früherer Zeiten war stark vom Rhythmus der Natur geprägt. Obst oder Gemüse hatte seine Saison und war nicht zu jeder Zeit zu bekommen. Die Notwendigkeiten von Saat und Ernte und die Versorgung des Viehs bestimmten den Tagesablauf. Der Mensch lebte im Rhythmus des Tages, der Woche des Jahres und auch des Kirchenjahres. Es gab „geschlossene Zeiten“ wie die Fastenzeit und den Advent, in denen auf Feierlichkeiten, z. B. Hochzeiten verzichtet wurde. Sie blieben ausgespart – reserviert für die Besinnung.
Selbst die (Fern-)Kommunikation hatte einmal einen ganz anderen Stellenwert und Preis. Sie fand statt über Telefon oder Brief. Es gab Zeiten, in denen man noch damit rechnen musste, dass ein Brief einige Tage dauert oder ein Telefonat seinen Preis hatte.
Heute ist der Anspruch, immer alles sofort zu bekommen. Jedes Produkt, Obst, Gemüse kann man zu jeder Zeit bekommen (und wehe, man kann wegen Feiertagen mal 2-3 Tage nichts einkaufen!). Die Diskussion um die Ladenöffnungszeiten sprechen eine ähnliche Sprache – am liebsten rund um die Uhr, auch sonn- und feiertags.
An Informationen kann man auf Knopfdruck via Google, Wikipedia etc. gelangen – aber bitte nur das Benötigte, keine Hintergründe oder alternative Sichtweisen. Handy-Flatrate, Internet-Flatrate – jeder ist immer erreichbar, alles kann/muss sofort mitgeteilt werden (man braucht nur mal Straßenbahn fahren. Da erlebt man hautnah die Kommunikation der Mitmenschen, ob man will oder nicht).
Die Gefahr besteht, dass Wichtiges aufgeschoben wird, man kann es ja immer noch tun:
Wenn …
- diese Arbeit erledigt ist,
- der Berg abgearbeitet ist,
- ich diese Stellung, dieses Ansehen, dieses Auto habe,
- ich Urlaub habe,
- ich in Rente bin,
- ich dies oder das erreicht habe,
- ich mir dieses oder jenes leisten kann,
- die Kinder älter sind,
- ich diesen oder jenen nicht mehr sehen muss,
- die Umstände anders sind,
dann …
- werde ich mir Zeit zum Gebet nehmen.
- werde ich mir mehr Stille gönnen
- werde ich Ruhe haben
- werde ich Frieden finden
- werde ich diesen oder jenen besuchen
- werde ich Freundschaften knüpfen und pflegen
- werde ich mich für andere einsetzen
- werde ich mein Hobby wieder pflegen
- werde ich die Natur genießen können
- beginne ich zu leben
DU NARR!
Lukas 12, 19 – 20a: „Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens. Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! …“
Fastenzeit – ein Anachronismus?
Sie ist Herausforderung zum Maßhalten, sich Bescheiden, hineinfinden in den Rhythmus Gottes. Sie ist Herausforderung zur Genügsamkeit, zur Stille und zur Wahrhaftigkeit, wenn ich mir selbst begegne.
Tiefe braucht Zeit.
„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit;
pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;
töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;
abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;
weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit;
klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;
Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit;
herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;
suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit;
behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;
zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit;
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.
Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ (Prediger 3, 1-11)
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