Kraftquellen

Vor Kurzem habe ich mal wieder einen Abstecher zu meinem alten Arbeitsplatz bei der Heilsarmee gemacht. Mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass auch nach 6 ½ Jahren immer noch verschiedene Sätze, Aussprüche und Gedanken von mir in meiner alten Abteilung präsent sind. Unter anderem bin ich an Gedanken erinnert worden, die ich mir zu einem Baum dort im Hof gemacht habe:

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In unserem Innenhof steht eine sehr große Platane, eine der größten gesunden Platanen in der Kölner Innenstadt. Obwohl sie fast zubetoniert zu sein scheint, findet sie doch ihre Versorgung.

Der Baum ist so hoch, dass es nur wenige Firmen gibt, die die Ausrüstung und die ausgebildeten Mitarbeiter haben, um einen fachmännischen Baumschnitt durchzuführen. Vor einiger Zeit ist wieder ein solcher Baumschnitt durchgeführt worden. Dabei habe ich einige Entdeckungen gemacht, die mich zum Nachdenken angeregt haben:

Nach der Meinung der Fachleute reicht das Regenwasser allein nicht aus, einen solchen Baum ausreichend zu versorgen. Vermutlich reichen seine Wurzeln hinab bis zum Grundwasser. Auch im heißesten Sommer bleibt unsere Platane grün und saftig, mitten in einem Kölner Innenhof. Ein ähnliches Bild findet sich auch in Psalm 1, 1-3:

„Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.“

Die tief reichenden Wurzeln sorgen dafür, dass der Baum leben kann, auch unter widrigen Umständen. Um gesund zu bleiben braucht er auch das Wasser aus der Tiefe.
Nachdem die Platane fertig beschnitten war, wurden die Arbeiter gefragt, warum sie die störenden Äste am Stamm nicht beseitigt haben. Das wäre doch optisch viel schöner. Die Antwort hat mich verblüfft. Diese dünnen Äste versorgen das Narbengewebe von einem früheren Baumschnitt, bei dem wesentlich dickere Äste entfernt wurden. Schneidet man diese feinen Äste ab, stirbt das Narbengewebe ab und der Baum wird an dieser Stelle anfällig für Pilzbefall. Auf mich wirken diese „störenden“ Äste fast wie Fahnen, die die alten Wunden markieren. Und doch sind sie so notwendig.

Ich frage mich, ob es nicht auch beim Menschen so ist. Der Versuch, Wunden zu verdecken führt eher dazu, dass man genau an der Stelle anfällig wird. Da wo ich zulasse, dass diese Wunden und später auch die Narben versorgt werden, kann ich gesund werden und bleiben. Das ist unangenehm, peinlich, das stört das perfekte Bild, und doch ist es der Weg zu Heilung und Stabilität.

Es ist eine der großen Herausforderungen, sich genau diesen Wunden und versteckten Seiten zu stellen. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass sich Gott gerade unserer unschönen Seiten annimmt, unserer Schuld und Rebellion. Und auch sein Heilmittel ist wie eine sichtbare Markierung dieser Wunde: Am Kreuz wird ihre ganze Hässlichkeit offenbar. Und doch müssen wir genau da hin schauen, um heil zu werden. Bereits im Alten Testament gab es dafür ein Vorbild:

„Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.“
(4. Mose 21, 8-9)

Nicht das Wegsehen, das Verbergen bringt das Heil, sondern das Aufdecken, Anschauen und das Vertrauen auf Gottes Handeln.

Dann können Wunden in Kraftquellen verwandelt werden.

Beschenkt und ermutigt

In den nächsten Wochen werde ich mich mit ein paar persönlichen Dingen intensiv auseinander setzen müssen. Ich vermute und erwarte, dass das nicht ganz einfach wird.

Und da habe ich mich heute erstmal über die wunderbare Musik während der Messe gefreut. Hin und wieder fungiert dort eine Frau mit Ihren Töchtern als Choralschola, die wirklich sehr gut singt. Das öffnet mir jedesmal das Herz!

Zusätzlich haben mir die Texte aus der heutigen Messe – außerordentlicher Ritus – ziemlich genau in das hinein gesprochen, was mich gerade beschäftigt:

Kirchengebet:

Gott, du weißt, dass wir inmitten so großer Gefahren mit unserer menschlichen Gebrechlichkeit uns nicht aufrecht halten können: so gib uns Gesundheit an Leib und Seele, damit wir mit deinem Beistand überwinden, was wir für unsere Sünden leiden.

Evangelium: Stillung des Sturms

Er stieg in das Boot, und seine Jünger folgten ihm. Plötzlich brach auf dem See ein gewaltiger Sturm los, sodass das Boot von den Wellen überflutet wurde. Jesus aber schlief. Da traten die Jünger zu ihm und weckten ihn; sie riefen: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, drohte den Winden und dem See und es trat völlige Stille ein. Die Leute aber staunten und sagten: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen? (Matthäusevangelium 8, 23-27)

Gemeinsam mit der gestrigen Erinnerung an Gottes Unterstützung in der Firmung ist das für mich ein tröstlicher Auftakt für die vor mir liegende Zeit.

Und dazu noch die Herrnhuter Losung von heute:

Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. (Psalm 121, 5-6)