Gesungene Erwartung

Mir scheint, zu keiner Zeit des Jahres wird so viel gesungen und musiziert wie in der Advents- und Weihnachtszeit. Zum Einen gibt es natürlich Unmengen an Tonträgern mit entsprechender Musik. Ich selbst habe z.B. über 30 CDs mit Advents- und Weihnachtsliedern. Zum Anderen ist es aber auch die Zeit der Konzerte, Evensongs, Mitsingabende und auch kleinerer Musikauftritte. Ob das wohl nur ein Relikt aus einer Zeit sein kann, in der man sich die langen Winterabende erträglicher machen wollte?

Kein Zweifel, die Musik des Advents, und noch stärker die Weihnachtsmusik, sprechen das Gemüt an – bis hin zum Kitsch. Nicht umsonst haben im kommerziellen Bereich die Weihnachtslieder die reinen Adventslieder nahezu verdrängt. Ich habe es gerade mal geschafft, mir 3 CDs mit reiner Adventsmusik zu besorgen. Von der Berieselung in Kaufhäusern und auf Weihnachtsmärkten brauchen wir erst gar nicht zu reden.

Ich persönlich kann allerdings mit Adventsliedern oft mehr anfangen. Dabei ist mir aufgefallen, dass diese – wenn nicht aus vorreformatorischer Zeit – überwiegend aus dem evangelischen Bereich kommen. Der Advents-Gesang schlechthin bleibt für mich aber der aus der Gregorianik kommende Rorate-Gesang (deutscher Text auf Wikipedia). Wie viele liturgische Texte des Advents greift er Verheißungen des Alten Testaments auf, gepaart mit der hörbaren Sehnsucht nach deren Erfüllung.

Eine ähnliche Sprache der Sehnsucht sprechen übrigens auch andere meiner Lieblings-Adventslieder:

„Wer singt, betet doppelt“ („Qui cantat, bis orat“) heißt es. Man könnte auch umgekehrt sagen, dass manchmal das Gebet, das Lob, die Sehnsucht zum Gesang hin strebt. Es wäre schade, wenn wir uns diese Regung durch Musik „aus der Konserve“ verderben ließen.

4 Gedanken zu „Gesungene Erwartung

  1. Dazu passt dieses Augustinus-Zitat:

    „Wer nämlich den Lobpreis singt, lobt und preist nicht nur, sondern preist voller Heiterkeit; wer den Lobpreis singt, singt nicht nur, sondern liebt auch den, dem er singt. im Lob des Bekenners und Gläubigen ist immer auch die Predigt, das öffentliche Bekenntnis, im Gesang des Liebenden ist die Sehnsucht nach dem Geliebten.“

    („Qui enim cantat laudem, non solum laudat, sed etiam hilariter laudat; qui cantat laudem, non solum cantat, sed et amat eum quem cantat. In laude confitentis est praedicatio, in cantico amantis affectio.“)

  2. Pingback: Singen auch an Weihnachten | Weihrausch und Gnadenvergiftung

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