Warum beginne ich meine Gedanken zum Thema mit einem Foto von Gemüse? Jedenfalls nicht, weil ich dächte, frau gehörte an den Kochtopf! (In meinem Fall wäre das übrigens eine ganz schlechte Idee.) Ich denke dabei an die fraktale Struktur. Bei Schneeflocken, Blumenkohl, Brokkoli, Farn und vielem anderen, was natürlich wächst und entsteht, finden sich fraktale Formen – also Formen, die in ihren kleinen Teilen Ähnlichkeiten aufweisen mit der jeweils höheren Ebene. Mir scheint das in der Struktur der Kirche nicht anders zu sein:
„Denn wir sind Glieder seines Leibes. »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ‚ein‘ Fleisch sein« (1.Mose 2,24). Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.“ (Epheser 5, 30-32)
Die Gemeinde/Kirche bildet eine höhere Wirklichkeit ab. Gemeinschaften oder Familien sind in ihrer Struktur wiederum „kleine Kirche“ – sie bilden die Kirche im Kleinen ab. Deshalb halte ich es auch nicht für allzu abwegig, die biblischen Gleichnisse und Bilder auf die heutige kirchliche Realität zu beziehen.
Explizit wird auch das Bild des Leibes auf die Gemeinde übertragen:
“Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder auch das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen achten wir besonders auf Anstand; denn die anständigen brauchen’s nicht.
Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.” (1. Korintherbrief 12, 20-26)
Auch das Bild vom Bau aus lebendigen Steinen spricht davon. Das ist meines Erachtens die Schablone, vor der man die Frage nach den unterschiedlichen Berufungen auch der beiden Geschlechter sehen muss.
Es geht also einerseits darum, Kirche abzubilden und andererseits um die gegenseitige Ergänzung im Dienst. An keiner Stelle wird dabei von einer Wertigkeit der Dienste gesprochen. Es geht also gar nicht in erster Linie um Rechte, Privilegien und Ämter. Manche Aufgaben und Dienste, wie z.B. der prophetische Dienst, müssen in gewisser Weise unabhängig von Hierarchie und Leitungsgewalt stehen.
Naturgemäß habe ich mich mit dem Thema der Frau in der Kirche intensiv auseinander gesetzt. Das kann ich hier nur schlaglichtartig umreißen. Ich selbst stand ja einmal in der Situation, Gemeinde zu leiten, zu predigen und Pastorin zu sein.
All das musste neu bewertet werden, als ich vor 9 Jahren wieder zurück in die katholische Kirche gegangen bin. Die Frage war: „Was mache ich denn nun mit dem, was ich vorher als meine Berufung erkannt zu haben glaubte? Findet das seinen Platz? Finde ich einen Platz?“
Und während ich begonnen habe, einfach die Dinge zu tun, die ich tun konnte, habe ich eine spezielle Freiheit entdeckt. In der Diskussion habe ich festgestellt, dass ich einen anderen – ergänzenden – Zugang zu den Themen habe. Der eher intuitive und an manchen Stellen unkonventionelle Zugang braucht aber auch das Gegenüber der eher systematischen Theologie … und es ist gut, wenn Letztere das letzte Wort hat. Das Überangebot von bunten Tüchern in gestalteten Mitten, z.B. in unseren „Frauenliturgien“, gibt davon beredt Zeugnis. So braucht die Intuition, Sensibilität und Kreativität den schützenden Rahmen der verlässlichen „männlichen“ Theologie. Ein Rahmen, der auch Freiheit gibt. Und die eher männlich geprägte Sicht braucht die Ergänzung und Herausforderung von der anderen Seite. Ich rede hier von Tendenzen, nicht von absoluten Zuschreibungen.
Tatsache bleibt aber, dass Gott selbst derjenige ist, der beruft. Er ist es, der letztlich den Maßstab setzt. Es kann kein Recht auf irgendein Amt oder eine Weihe geben. Bürgerliche Kategorien und Maßstäbe greifen hier nicht.
“Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.” (1. Korintherbrief 12, 24b-26)
- Zum selben Thema: „Frau und Kirche… und Katharina von Siena„
- Zölibatsdebatte, Frauenordination und was dabei gern ‘vergessen’ wird
- Ebenfalls bedenkenswert: „Gegen den Trend“ (auf katholisch.de)
Die Idee, dass Frauen nur sinnvoll agieren können, wenn Männer einen Schutzrahmen bieten, ist schon einen Tick…traurig. Das ist so, als dürften Sie nur ein Konto haben, wenn ein männlicher Vormund einmal im Monat ihre Finanzen kontrolliert und ihnen einen „sicheren Rahmen“ bieten, weil sie qua Geschlecht kein Budget auf die Reihe kriegen. Die Idee klingt nicht besser, weil religiöse verbrämt wird.
Die Frage, was Frauen in der Liturgie(!) tun können beantwortet sich unterschiedlich, je nachdem, ob man von der Frage der reinen Ausführung ausgeht oder vom Verhältnis Christi zu seiner Gemeinde. Ich als Frau könnte Vieles. Ich „könnte“ lesen und/oder predigen – ich „könnte“ mir auch die Fähigkeiten zum Ministrieren aneignen etc.. Wenn ich aber davon ausgehe, dass in erster Linie Christus der Handelnde, Lehrende etc. ist – durch die Person der dafür Geweihten – dann würde es meines Erachtens verunklart, wenn eine Frau das täte. Es geht nicht nur um Fähigkeiten, sondern um Wirklichkeiten – Mann und Frau verhalten sich zueinander wie Christus und die Gemeinde.
Das heißt nicht, dass man im eigenen Lebensumfeld gewisse Dinge nicht könnte. Im Zusammenspiel der Gemeinde/Kirche muss sich aber nicht jeder um alles kümmern. Das eröffnet eine gewisse Freiheit. Ein Innenarchitekt MUSS sich z.B. nicht so intensiv mit der Statik eines Hauses und dessen Fundamenten auseinandersetzen, wie es der Bauleiter muss. Er hat eine andere Aufgabe. Und die führt er umso freier und kreativer aus, je sicherer er sich sein kann, dass andere ihren Job tun.
Kurz: In der Kirche muss nicht jeder alles tun (können)
Wie schön, dass du mich gerade auf diesen Beitrag aufmerksam gemacht hast! Über „seinen Platz finden“ denke ich auch immer wieder nach. Gerade als ausschießliche Alte-Messe-Gängerin UND besonders liturgie-affine Frau ist das nicht ganz so einfach. Aber wie du schon schreibst, man muss nicht alles machen, nur weil man es theoretisch könnte. Und doch ist da manchmal so ein Drang irgendwas tun zu wollen. Das darüber schreiben und sich theoretisch damit beschäftigen ist schon mal ganz gut.
Ich glaube, mit dem Thema muss ich mich auch mal schriftlich auseinandersetzen! Vielen Dank für den Impuls! 🙂
Freut mich, wenn du mit dem Impuls etwas anfangen kannst. Ich kann gut nachvollziehen, womit du dich da beschäftigst.
(http://weihrausch.gnadenvergiftung.de/ueber/)