Gastbeitrag von Manfred Barnabas Loevenich SJB
Ich habe immer größere Schwierigkeiten mit Aussagen christlicher Autoren und zeitgenössischer Kirchenvertreter, die suggerieren, der Glaube bedeute, das Gute durch „Daran-Glauben“ zu bewirken, zu erfahren, nachgerade zu beschwören. Bei näherer Betrachtung handelt es sich dabei doch um eine Art selbsterfüllenden Automatismus. Ist das noch der christliche Fides-Glaube? Oder ist das bereits ein schamanistisches Ritual oder eine psycho-mechanische Autosuggestions-Technik?
Dazu beispielhaft ein Zitat des von mir durchaus sehr geschätzten Søren Kierkegaard:
„Glauben heißt, beständig das Frohe, Glückliche, Gute zu erwarten.“
Und nun? Was bedeutet das? Wenn ich diesen Satz nur isoliert sehe (was als Absicht Kierkegaard nicht zu unterstellen ist), dann handelt es sich um eine selbsterzeugte Wahrheit, die mit der Hilfe von Zauberworten (oder Zaubergedanken, Wunschdenken) herbeigeführt werden soll. Doch dann ist der Weg zu einem „positiven Denken“, das im Denken schon die Erfüllung impliziert, und diese autonom, quasi-schöpferisch „erzeugen“ will, nicht mehr weit. Und in dieser Hinsicht unterscheidet sich eine solche Psychotechnik kaum von der Botschaft östlich inspirierter, esoterischer Glücksversprecher. Auch dazu ein Beispiel:
„You should think positive, send out love, strongly believe in the good, strongly believe that you are the creator of the universe.” (satsang.ch)
Da wiederum rückt das auch in kirchlichen Zusammenhängen empfohlene „Glauben“ im Sinne eines „positiven Denkens“ sehr in die Nähe nicht- und widerchristlicher Weltanschauungen. Wenn nicht der lebendige, personale Christus selbst „Gegenstand“ und „Gegenüber“ meines „Glaubens“ ist, dessen Grundlage und Ziel, Initiator und Empfänger, dann ist dieser „Glaube“ weder hilfreich noch zielführend, sondern bleibt der hinfällige Ausdruck eines Wunsches nach Selbst-Erlösung. Der Mensch bleibt auf sich selbst bezogen, allein auf seine eigene Vorstellungs- und Willenskraft zurückgeworfen, in sich selbst verbogen, verkrümmt. In letzter Konsequenz entfernt diese falsche Ausrichtung auch den „gutmeinenden“ Gläubigen von Christus und vom Dreieinigen Gott.
Und so heißt es dann auch folgerichtig (und ehrlicher, als in vielen vordergründig christlichen Ratgebern) auf der Homepage von satsang.ch:
„Satsang ist die unmittelbare Begegnung mit deinem wahren Selbst, dem Sein. Einheit, die in dieser dualen Welt das Spiel des Getrenntseins spielt, feiert im Satsang sich selber. (…) Im Satsang steht dein wahres Ich, das Sein, im Mittelpunkt. (…) Im Satsang wird dein Verstand enttäuscht werden, da er dort nichts finden kann, das er mitnehmen und aufbewahren kann. (…) Nichts kann dem hinzugefügt werden, was bereits vollständig ist. Im Satsang wird dir diese Tatsache immer und immer wieder vor Augen geführt. Bis der Verstand aufgibt und die unpersönliche Erkenntnis auftaucht, dass das, was die ganze Zeit gesucht wurde, immer da war.“
Ein göttliches Gegenüber aber wird – hier wie dort – überflüssig. Im „Satsang“ etwa wird das personale göttliche Gegenüber explizit negiert, in ein Nichts aufgelöst:
„Im Satsang zeigt Einheit der Einheit die Absurdität des Spiels des Getrenntseins auf.“
Keine Dualität! Kein Gegenüber! Kein Gott! Keine Erlösung!
Dies wäre – das ist! – auch die Konsequenz aller „christlich“ sich gebärdenden Heilsversprechen, die schlussendlich doch ganz ohne Christus und ganz ohne den allmächtigen, allgegenwärtigen, all-liebenden Gott auskommen. Hauptsache, ich liebe mich selbst! Dann aber – konsequent zu Ende gedacht – muss ich mich auch selbst erretten, selbst erlösen. Nur diese Wahrheit enthalten einem die unseligen Heilsversprecher vor. Da sind sie, sofern sie sich noch christlich nennen, nicht ehrlich, nicht konsequent.
Dieser Lächelzwang der Think-positive-Rufer geht mir furchtbar auf die Nerven.
Wie soll ich denn bitte einem Menschen sagen, er möge nur einfach positiv denken, wenn ihm gerade die Arbeit gekündigt wurde, oder das Haus zerbombt, oder das Kind begraben?
Dank für diesen Artikel!
Danke sehr, liebe Claude Sperlich. Es freut mich, wenn die Botschaft ´rüberkommt.
Da hat mir die Autokorrektur einen dummen Fehler eingebaut (und ich hab´s jetzt erst bemerkt). Natürlich muss es heißen: Claudia. Bitte um Entschuldigung.
Den Köperzellen Rock kennen wahrscheinlich die meisten und dieser passt hier auch ganz gut. Damit aber nicht einige denken, es sei ein Kinderlied, wäre es gut, darauf aufmerksam zu machen, dass Wikipedia extra darauf aufmacht, dass es sich um ein spirituelles Lied handelt.