Umwege? – Verlorene Zeit?

Schwanberg(03)Alles muss effizient sein. Zielstrebig sollen Dinge erreicht werden – möglichst messbar in Euro und Cent. Abitur machen – dann aber auch Studium, sonst ist es verlorene Zeit. Studium – ja, aber bitte schnell und mit verwertbaren Inhalten. Neues lernen – was für Job und Karriere wichtig ist. Entscheidungen – es muss voran gehen.

Oft ist das die Idealvorstellung von einem gelungenen Leben. Irgendwie kommen dann noch Partnerschaft und eventuell Familie dazu, und dann hat man etwas vorzuweisen. Auch in Bezug auf die religiöse Biographie ist man von solchen Vorstellungen nicht frei. Es sollte immer voran gehen, immer besser werden, sonst ist man gescheitert.

Wenn ich mir meine Biographie (auch den geistlichen Werdegang) mit dieser Brille anschauen würde, fiele das Urteil ernüchternd aus: Jede Menge ‚verlorene Zeit‘, jede Menge ‚Fehlversuche‘, jede Menge (vermeintliche) Sackgassen. Und mittlerweile kenne ich recht viele Leute, deren Lebens- und Glaubensweg auch nicht unbedingt geradlinig verlaufen ist: Ehemalige Pfarrer(innen), ehemalige Ordensleute, Konvertiten, Menschen mit ‚interessanter‘ Berufsbiographie – oder alles zusammen… Alles verlorene Zeit?

Ich persönlich würde nicht auf die Erfahrungen verzichten wollen, die ich jeweils gemacht habe. Vieles von dem, was mir heute wichtig ist, hätte ich nicht ohne die unterschiedlichen Prozesse, die auf dem Weg nötig waren. So kann ich mich nun auch  auf den Wegen „dazwischen“ bewegen. Ich bin der festen Überzeugung, dass nichts, was man lernt verloren sein kann.

Und ich glaube, dass es Anderen ähnlich geht. Es mag sich nicht am Geldbeutel bemerkbar machen, aber eine Bereicherung ist es dennoch.

Hier eine Auswahl von Bloggern, die nicht gerade stromlinienförmig auf ausgetretenen Pfaden unterwegs waren/sind. Bei Einigen finden sich schon im Titel und/oder der Adresse des Blogs Hinweise auf Suchbewegung und Veränderung:

3 Gedanken zu „Umwege? – Verlorene Zeit?

  1. Danke 🙂 Alles richtig. Allerdings, was die finanzielle Seite betrifft, gibt’s Momente, wo ich mich echt in den A…. beiße. Denn ich habe gut verdient als Pfarrerin…. ;( naja, wer sagt, dass ich nicht anderswo auch gut verdiene, irgendwann, irgendwie.

  2. Das kommt mir Alles SEHR bekannt vor! …

    Wer davon ausgeht, dass er seinen Weg (und seine Umwege) nicht nur selber sucht und geht, sondern auch GEFÜHRT wird, braucht sich manche quälende Frage nicht zu stellen. Wo steht geschrieben, dass es beim christlichen (Lebens-) Weg vor Allem um Effizienz, Schnelligkeit und Erfolg ginge? Wenn „Gottes Zeit die beste Zeit“ ist, was zerbrechen wir uns den Kopf über „verlorene Zeiten“? Zählen denn bei IHM nur die „Schokoladenseiten“ – Spaß, Genuss, Gewinn, vorzeigbare Leistungen und Erfolge?

    Wir wandeln uns, machen Erfahrungen, werden geprägt, lernen dazu oder „bezahlen Lehrgeld“, manchmal verbunden mit Leiden, Enttäuschungen und vergeblichen Mühen. War darum „Alles umsonst“?

    Ich bin überzeugt, das Gegenteil ist der Fall, wenn wir das Alles von Gott her empfangen und auf Ihn hin ausrichten. Natürlich gibt es auf dem Lebensweg richtige und falsche Entscheidungen, Weggabelungen und -kreuzungen, Um- und Irrwege. Aber was davon war „umsonst“, und was hat uns schlussendlich „reicher“ gemacht – an Erfahrung, Bescheidenheit, Demut, Verständnis für das Leiden Anderer und für die „Farben“ des Lebens?

    Was zählt dem gegenüber das „Wissen“, das sich in möglichst kurzer Zeit in „erfolgreichen“, „geradlinigen“ Berufs- und Lebensbiographien erwerben lässt, in einseitig (und nur vermeintlich) „berufsvorbereitenden“ Master- und Bachelor-Studiengängen mit Pflichtstundenzahl und „Scheinfreiheit“ (nomen est omen!) als höchstem Etappenziel?

    Welche Schätze wollen wir sammeln (vgl. Mt. 6,19-34)?

    Mein Haus, meine Auto, meine Jacht? Oder: Mein Abschluss, meine Bestnote, meine Beziehungen und Vernetzungen, mein beruflicher (akademischer?) Erfolg, mein Renommee, meine Reputation?

    Geht es mir im Letzen darum – und leide ich darunter – , dieser oder jener (eigenen oder fremden) Erwartung nicht ganz oder auch „ganz und gar nicht“ zu genügen? Verliere ich in der Klage darüber die „Schätze im Himmel“ ganz aus dem Blick, verwechsle sie womöglich mit den irdischen Karrierezielen? Oder lerne ich, auch („erfolglose“) Aus- und Fehlzeiten, Sackgassen und Irrwege, Fehlentscheidungen, Pleiten, Pech und Pannen im Rückblick als „Fügungen“ zu erkennen, die mir manche Chance verbaut aber andere Perspektiven eröffnet haben, die mich gelehrt haben, im Letzten NICHT ALLEIN auf die eigene Leistung zu setzen, sondern vor Allem auf Ihn. Diese Frage stelle ich mir.

    Wir müssen uns immer wieder entscheiden, auf Was und Wen wir im Leben setzen. Diese Entscheidungen werden uns (mit der Zeit) auch Antworten geben: auf unsere Fragen nach Erfolg und Misserfolg, nach persönlicher Leistung und unverdienter göttlicher Gnade!

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