„Geringe, schöne Dissonanzen erhöh’n die Harmonie des Ganzen“ schreibt Eugen Roth. Dissonanzen streben nach Auflösung. Ein Musikstück, das in einem dissonanten Akkord endet, lässt eine Spannung zurück. Ich kenne Menschen – ich selbst gehöre dazu – die dann selbst anschließend die Auflösung spielen oder singen. Dissonanzen erhöhen die Harmonie offenbar nur dann, wenn sie auch aufgelöst werden.
Mit Dissonanzen in zwischenmenschlichen Beziehungen geht es mir ähnlich. Ohne Auflösung auf die eine oder andere Art bleibt eine Spannung bestehen, die sich im ungünstigsten Fall nicht nur nicht abbaut, sondern mit der Zeit sogar verstärkt. So spannend Dissonanzen also sind, ohne Auflösung ist es schwierig (zumindest für mich) damit umzugehen.
Auch von Eugen Roth:
„Ein Mensch, will er auf etwas pfeifen, darf sich im Tone nicht vergreifen.“
Weil du auf Musik verweist: Interessant ist vielleicht die Tatsache, dass sich die Intervalle, die als Dissonanz empfunden werden, in unserer abendländischen Musikkultur vielfach geändert haben. Terzen zum Beispiel galten lange als dissonant, Quarten als konsonant. Ich denke, es gilt nicht nur für die Musik, dass, was dissonant und was konsonant ist, von verschiedenen Menschen verschieden beurteilt wird.